Französisch-russischer Milliardär Pavel Durov, Gründer der Telegram-App, in Paris verhaftet

Am Samstag verhafteten französische Grenzschützer und Militärpolizisten den 39-jährigen französisch-russischen Milliardär Pavel Durov, den Gründer der verschlüsselten Messaging-App Telegram, im Transit auf dem Flughafen Le Bourget in Paris. Durov wurde wegen Fluchtgefahr inhaftiert und ist wegen 12 Straftaten angeklagt, darunter Drogenhandel, Kinderpornografie, organisierte Kriminalität und die Bereitstellung nicht genehmigter kryptografischer Dienste.

Telegram-Gründer Pavel Durov im Jahre 2017 [AP Photo]

Der französische Präsident Emmanuel Macron verteidigte auf Twitter/X die Verhaftung und warnte vor „falschen Informationen“ über Durovs Verhaftung. Er erklärte: „Die Verhaftung des Telegram-Chefs auf französischem Boden fand im Rahmen einer laufenden gerichtlichen Untersuchung statt. Es handelt sich keineswegs um eine politische Entscheidung. Es ist Sache des Gerichts, darüber zu entscheiden.“

In Wirklichkeit ist die Verhaftung und Inhaftierung von Durov offensichtlich politisch motiviert, reaktionär und entbehrt jeder substanziellen rechtlichen Grundlage. Dies zielt darauf ab, die Nato-Mächte in ihrem Krieg gegen Russland in der Ukraine zu unterstützen und den Weg für eskalierende Angriffe auf demokratische Rechte zu ebnen. Letzteres betrifft auch die Privatsphäre im Internet und die Informationsfreiheit in den Regionen, in denen sich die 900 Millionen Nutzer von Telegram befinden. Dazu gehören vor allem die Länder der ehemaligen Sowjetunion, der Nahe Osten und Indien.“

Insbesondere Regierungsvertreter der Nato-Mitgliedsländer und des rechtsextremen ukrainischen Regimes haben wiederholt gefordert, die in der Ukraine sehr beliebte App zu verbieten. Sie werfen Telegram vor, ein Kanal für „russische Propaganda“ zu sein, die ihren Krieg gegen Russland durchkreuzt.

Durov ist russischer Staatsbürger, der 2014 Russland verließ, um in Dubai zu leben. Er nahm die französische Staatsbürgerschaft an, nachdem er mit dem Kreml in Konflikt geraten war, weil er sich weigerte, Informationen aus dem sozialen Netzwerk VKontakte an die russischen Behörden weiterzugeben. Er wurde am Samstag auf dem Flughafen Le Bourget in Begleitung seines Leibwächters und seiner Assistentin Julia Vavilova festgenommen, die beide wieder auf freien Fuß gesetzt wurden.

Die 12 Anklagen, die gegen ihn erhoben wurden, gehen auf eine erste Untersuchung zurück, die das französische Amt für Gewalt gegen Minderjährige (Ofmin) heimlich gegen Durov eingeleitet hatte. Keine der Anklagen zielt auf Durovs eigenes Verhalten ab, sondern sie fußen auf dem Argument, dass Durov persönlich für mutmaßlich kriminelle Aktivitäten anderer Nutzer der Telegram-App verantwortlich ist. Diese ausgeklügelte Rechtsauslegung hat zu der „Weltpremiere“ geführt, wie Le Monde einräumt, was die Verhaftung von Führungskräften großer sozialer Medien betrifft.

Unmittelbar nach der Verhaftung äußerte sich ein Ermittler der französischen Polizei gegenüber TF1 News hämisch: „Pech [für Durov] heute Abend. Wir wissen nicht, warum. ... War er gerade auf der Durchreise durch Frankreich? Wie auch immer, jetzt haben wir ihn im Sack.“

Ein anderer sagte, Durov werde das Gefängnis auch nach dem morgigen Ende der ersten Untersuchungshaft nicht verlassen dürfen: „Pavel Durov wird in Untersuchungshaft landen, das ist sicher. Auf seiner Plattform hat er es zugelassen, dass Menschen eine unüberschaubare Anzahl von Verbrechen begehen. Er hat nicht versucht, mäßigend einzugreifen, oder mit uns zusammengearbeitet.“

Die Berichterstattung sowohl in den russischen als auch in den Nato-freundlichen Medien macht jedoch deutlich, dass die Verhaftung zusammenhängt mit der Fortsetzung des Krieges gegen Russland durch die Nato und den Versuchen, den Widerstand der Bevölkerung gegen den Krieg sowohl in der Ukraine als auch international einzudämmen.

Russische Medien befürchten öffentlich, dass die Festnahme und Inhaftierung von Durov verheerende Auswirkungen auf die Operationen der russischen Streitkräfte in der Ukraine haben könnte, die Telegram intensiv nutzen. „Telegram könnte zu einem Werkzeug der Nato werden, wenn Pavel Durov gezwungen wird, den französischen Geheimdiensten zu gehorchen“, erklärt Moskovsky Komsomolets. „Telegram-Chats enthalten eine große Menge an lebenswichtigen, strategischen Informationen. ... Wenn Telegram abstürzt, wie wird [unsere Armee] dann kämpfen?“

Die Professorin Marielle Wijermars von der Universität Maastricht kommentiert gegenüber France24: „Telegram wird in der Armee und im politischen Establishment in großem Umfang für die Kommunikation genutzt, und es ist offensichtlich, dass viele russische Vertreter befürchten müssen, dass Frankreich den Chef von Telegram unter Druck setzen wird, um Zugang zu ihrer Kommunikation zu erhalten.“

Seit Beginn des Nato-Russland-Krieges in der Ukraine im Jahr 2022 dient Telegram auch als Quelle für Informationen und Bildmaterial über den Krieg, insbesondere über die massiven Verluste an ukrainischen Truppen und Nato-Ausrüstung – eben weil der Messangerdienst von der Nato und ukrainischen Medien nicht gefiltert wurde. Die Verfügbarkeit dieser Informationen, welche u.a. die falschen offiziellen Darstellungen von angeblichen Siegen der ukrainischen Armee gegen Russland widerlegten, zog bald den Argwohn der Regierungen von Nato-Ländern und der Nato-freundlichen Medien auf sich.

„Während der Krieg in der Ukraine tobt, hat sich die Messaging-App Telegram als Anlaufstelle für ungefilterte Live-Kriegsnachrichten etabliert“, schrieb das US National Public Radio im Jahr 2022 und beklagte, dass dies die Gefahr berge, Opposition gegen den Nato-Krieg zu schüren. „Telegram, das seine Inhalte kaum kontrolliert, ist auch zu einer Drehscheibe für russische Propaganda und Fehlinformationen geworden. Viele Kreml-freundliche Kanäle sind populär geworden.“

Vor allem in diesem Jahr, da der Widerstand in der ukrainischen Bevölkerung gegen den Krieg zunimmt, forderten Vertreter des rechtsextremen Regimes in Kiew, Telegram zum Schweigen zu bringen. Die ukrainischen Behörden haben diesen Schritt letztlich nicht gewagt, da 72 Prozent der ukrainischen Bevölkerung die App nutzen. Sie machten jedoch wiederholt deutlich, dass sie darin eine kritische innenpolitische Bedrohung sehen, insbesondere da Durov nicht zustimmte, russische Quellen auf Telegram zu zensieren.

Der ukrainische Militärgeheimdienstmitarbeiter Andriy Yusov sagte gegenüber der Deutschen Welle (DW), Telegram sei eine Bedrohung für die „Information und nicht nur die Informationssicherheit“ der Ukraine. Ukrainische Vertreter haben sich wiederholt darüber beschwert, dass die Anonymität und der Datenschutz von Telegram dazu führen, dass ihre Geheimdienste, die für ihre brutale Unterdrückung politisch Andersdenkender berüchtigt sind, die Identität von Personen, die missliebiges Material posten, nicht identifizieren und aufspüren können.

Der ukrainische Parlamentarier Jaroslaw Jurtschyn sagte der DW, er könne ein Verbot von Telegram unterstützen, „wenn die Zusammenarbeit mit Telegram nicht funktioniert“. Denn: „Der Preis für solche Löcher in der Informationssicherheit, die es der russischen Propaganda ermöglichen, leicht in ukrainische Informationsprodukte einzudringen, ist in unserem Land sehr hoch. Es geht um Leben und Tod für unsere Bürger.“

Der Grund für Durovs Verhaftung sind nicht erfundene Behauptungen über eine angebliche Komplizenschaft bei der Kinderpornografie, sondern der Krieg der Nato-Mächte gegen die russischen Streitkräfte in der Ukraine und ihr Versuch, Nachrichten über diesen Krieg zu zensieren, um die Opposition in der Ukraine und in den Nato-Ländern einzuschränken. Die Verhaftung zielt nicht nur auf den Widerstand gegen den Krieg in der Ukraine ab, sondern auch auf den Widerstand in den imperialistischen Nato-Ländern. Macrons Forderung, Truppen in die Ukraine zu entsenden, um Krieg gegen Russland zu führen, ist massiv unpopulär und stößt sowohl in Westeuropa als auch in den Vereinigten Staaten auf fast 90 Prozent Ablehnung.

Mit der Verhaftung eines russischen Milliardärs wollen Frankreich und die Nato auch die Unterstützung für den Krieg und das Regime des russischen Präsidenten Wladimir Putin in der herrschenden kapitalistischen Oligarchie Russlands untergraben, die aus der stalinistischen Auflösung der Sowjetunion 1991 hervorgegangen ist. Vor kurzem ist die Ukraine in der Nähe von Kursk in Russland eingefallen - ein Zeichen dafür, dass die Nato trotz der militärischen Rückschläge des von der Nato unterstützten ukrainischen Regimes beabsichtigt, den Konflikt zu eskalieren und Russland zur Kapitulation zu zwingen.

Mit der Verhaftung Durovs warnen Frankreich und seine imperialistischen Nato-Verbündeten die korrupte russische Führungselite, dass ihre Auslandsvermögen und ihr Leben nicht sicher sind, solange sie sich nicht der Nato-Politik und ihren Plänen zur Zerstückelung und Ausplünderung Russlands beugen.

Dies verdeutlicht die äußerst reaktionären politischen Kräfte, die hinter der Verhaftung von Durov und dem größeren Angriff auf die Internet-Freiheit stehen, der damit in Gang gesetzt wird.

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