Perspektive

Trump: Ziel des Komplotts vom 6. Januar 2021 war, „die Wahl zu kippen“ und „die Ergebnisse zu verändern“

Am Sonntag räumte der ehemalige US-Präsident Donald Trump ausdrücklich ein, dass seine politische Strategie nach der Wahl 2020 darin bestanden habe, „die Wahl zu kippen“ und „die Ergebnisse zu ändern“. Dies hätte die Errichtung einer Präsidialdiktatur zur Folge gehabt.

Präsident Donald Trump spricht auf einer Wahlkampfveranstaltung, 5. Dezember 2020 (AP Photo/Evan Vucci, File) [AP Photo/Evan Vucci]

Trump bezog sich auf parteiübergreifende Bestrebungen im Kongress, eine Bestimmung im Gesetz über die Auszählung der Wahlmännerstimmen von 1887 zu reformieren. Speziell geht es um die Bestimmung, dass der Vizepräsident die offizielle Bestätigung des Wahlmännerkollegiums leitet. Trump bekräftigte dabei seine falsche Behauptung, dass der damalige US-Vizepräsident Mike Pence die Befugnis gehabt hätte, die Wahl außer Kraft zu setzen und Trump-freundliche Wahlmänner auch in denjenigen Bundesstaaten einzusetzen, die Biden gewonnen hatte. Trumps schriftlich festgehaltene Erklärung lautet:

Wenn der Vizepräsident [Mike Pence] ‚absolut kein Recht‘ hatte, die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen im Senat zu ändern, trotz Betrugs und vieler anderer Unregelmäßigkeiten, wie kommt es dann, dass die Demokraten und RINO-Republikaner, wie die verrückte Susan Collins, verzweifelt versuchen, ein Gesetz zu verabschieden, das es dem Vizepräsidenten nicht erlaubt, die Ergebnisse der Wahl zu ändern? Damit sagen sie doch, dass Mike Pence das Recht hatte, das Ergebnis zu ändern, und dieses Recht wollen sie ihm nun entziehen. Leider hat er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht; er hätte die Wahl kippen können!

Trumps Behauptung, der Vizepräsident habe die Macht, „die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen im Senat zu ändern“, ist das deutlichste Eingeständnis einer kriminellen Absicht, die Wahl am 6. Januar 2021 zu kippen. Sie bestätigt die Warnungen der World Socialist Web Site im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen, dass Trump im Falle seiner Niederlage versuchen werde, die Machtübergabe zu verhindern.

Trumps Aussage entkräftet die Behauptung, der Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 sei nichts weiter als ein außer Kontrolle geratener Protest gewesen. Darüber hinaus wird auch deutlich, welche Art von faschistischem Regime er zu errichten gedachte, wäre ihm der Umsturz gelungen. Wenn die Exekutive die Befugnis hat, sich über das Wahlkollegium und die Volksabstimmung hinwegzusetzen, dann ist die Macht des Präsidenten absolut unbegrenzt. Trump plante, die Verfassung abzuschaffen und eine Art faschistische Diktatur zu errichten.

Pence hatte sich am 6. Januar geweigert, falsche Kandidatenlisten zu bestätigen. Daraufhin starteten Trump und seine faschistischen Berater, Steve Bannon und Peter Navarro, einen Plan namens „Green Bay Sweep“, dem zufolge die Republikaner im Kongress, unterstützt von einem gewalttätigen Mob, versuchen sollten, die Bestätigung der Wahlen hinauszuzögern. Hätte sich die offizielle Bestätigung auch nur um einen Tag verzögert, wäre das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen durch eine Abstimmung von Delegierten aus den Bundesstaaten entschieden worden. Diese hätte Trump wahrscheinlich gewonnen.

Trumps Erklärung vom Sonntag ist Grund genug, den ehemaligen US-Präsidenten zu verhaften, weil er versucht hat, die Verfassung umzustürzen. Aber selbst jetzt, wo Trump öffentlich mit seinen Plänen prahlt, konzentriert die Demokratische Partei ihre Strategie darauf, die Gefahr vor der Bevölkerung zu verbergen. Sie tun alles, um zu verhindern, dass in der Bevölkerung eine Bewegung gegen die drohende Diktatur entsteht.

Die Demokraten fürchten, dass eine solche Bewegung mit dem wachsenden Unmut in der Arbeiterklasse über die soziale Ungleichheit, die Inflation und die parteiübergreifende Covid-Durchseuchungspolitik zusammenfließen könnte. Daher versuchen sie, die Bevölkerung einzulullen, indem sie behaupten, die Gefahr des Faschismus könne auf parlamentarischen Nebenschauplätzen beseitigt werden. Dies steht im Einklang mit den Bemühungen der Demokraten, die Gefahr einer Diktatur und die Verwicklung ihrer „republikanischen Kollegen“ in den Putschversuch zu vertuschen.

In diesem Sinne veröffentlichte die Washington Post am Sonntag einen Leitartikel mit dem Titel „Die Demokratie ist weiterhin bedroht: Dies könnte der Kongress noch dagegen tun“. In diesem Leitartikel heißt es, dass Trump etwas plane, das noch schlimmer sei als der 6. Januar: „Die Senatoren können diese Konvergenz des Interesses an einer Reform nicht verstreichen lassen. Das, was sie jetzt tun, könnte darüber entscheiden, ob die Vereinigten Staaten vor einer Krise stehen, die das Ausmaß der Krise vom 6. Januar 2021 hat – oder noch schlimmer ist.“ Die Zeitung kommt jedoch zu dem Schluss, dass die Menschen ihre „Hoffnung auf Maßnahmen des Kongresses zum Schutz der US-Demokratie“ setzen müssten. Das Parlament werde das Gesetz über die Auszählung der Stimmen reformieren, sodass die Wahlmänner künftig entsprechend dem Votum der Bevölkerung abstimmen müssen.

Diese Versuche, die soziale Wut in eine parlamentarische Reform zu lenken, sind Vorboten einer gewaltigen Propagandakampagne, die die Demokraten und die Konzernmedien sehr bald entfesseln werden. Damit wollen sie die Wähler dazu bewegen, im November politisch weit rechtsstehende Kandidaten der Demokratischen Partei bei den US-Kongresswahlen zu unterstützen.

Während sich die Demokraten auf eine sinnlose parlamentarische Hinhaltetaktik einlassen, bereiten sich Trump und seine wichtigsten Mitverschwörer auf einen Krieg vor. Trump erläuterte seine Pläne für außerparlamentarische Aktionen am Samstag auf einer Kundgebung in Conroe im Bundesstaat Texas.

Beim Ablesen einer sorgfältig vorbereiteten Rede von einem Teleprompter prangerte Trump die strafrechtliche Verfolgung der Verschwörer vom 6. Januar 2021 durch das Justizministerium der Biden-Regierung an. Er erklärte, dass er diejenigen begnadigen werde, die der Teilnahme an einer kriminellen Verschwörung angeklagt sind, deren Anführer er selbst war.

„Wenn ich kandidiere und gewinne, werden wir die Menschen vom 6. Januar fair behandeln“, sagte er. „Wir werden sie fair behandeln, und wenn es Begnadigungen erfordert, werden wir sie begnadigen, weil sie so ungerecht behandelt werden. Was dieser Ausschuss tut, und was die Leute tun, die diese Gefängnisse betreiben, ist eine Schande.“

Auf der gleichen Kundgebung in Conroe kündigte Trump an, er sei bereit, zu weiteren gewalttätigen Demonstrationen aufzurufen, um sich vor Strafverfolgung zu schützen. Wiederum von einem Teleprompter ablesend, sagte er: „Wenn diese radikalen, bösartigen, rassistischen Staatsanwälte irgendetwas Falsches oder Illegales tun, hoffe ich, dass wir in diesem Land die größten Proteste haben werden, die wir jemals in Washington, D.C., in New York, in Atlanta und anderswo hatten, weil unser Land und unsere Wahlen korrupt sind.“

Diese Aussagen sind ein Eingeständnis, dass Trump aktiv einen weiteren Aufstand plant. Trump bezieht sich auf New York und Atlanta, weil die Staatsanwälte in beiden Städten wegen seiner kriminellen Aktivitäten gegen ihn ermitteln. Die New Yorker Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Geschäftsbetrugs gegen Trump und die Trump Organization, und die Staatsanwaltschaft von Fulton County hat eine Grand Jury einberufen, um Trumps Versuch zu untersuchen, Bidens Wahlsieg im Bundesstaat Georgia zu kippen. Obwohl Trumps Äußerungen den Tatbestand der Justizbehinderung und der Gewaltandrohung gegen Staatsvertreter erfüllen, erklären die Demokratische Partei und die bürgerlichen Medien lediglich, die Äußerungen seien ein weiterer Beweis für die Notwendigkeit einer Reform des Gesetzes über die Auszählung der Wahlstimmen.

Die Vorstellung, dass der Faschismus durch parlamentarische Reformen bekämpft werden könne, ist in dem Zusammenhang ein Rezept für ein Desaster. Der Widerstand der Bevölkerung gegen Diktatur wird so zerstreut und gelähmt, und die Rechte geht gestärkt daraus hervor.

Trotz der Wut in der Bevölkerung gegen Trump im Vorfeld der Parlamentswahlen 2020 hat die Biden-Regierung seither Trumps Covid-19-Politik der Durchseuchung effektiv umgesetzt. Die Zahl der Covid-Toten hat in den USA die Marke von 900.000 überschritten, und gleichzeitig sind die Aktienwerte und Unternehmensgewinne auf schwindelnde Höhen angestiegen. Unter Biden werden mehr Einwanderer inhaftiert als unter Trump. Biden appelliert auch an die rechtsgerichteten, Trump-freundlichen Teile des Senats, um die gesamte herrschende Klasse für ihre Kriegsprovokationen gegen Russland zu gewinnen.

Erst letzte Woche zitierte die US-Diplomatin Victoria Nuland zustimmend den Aufruf des Verschwörers Ted Cruz vom 6. Januar, die USA sollten die Pipeline NordStream2 zerstören. Die Biden-Regierung kann die Bevölkerung nicht vor der Gefahr einer Diktatur durch Trump warnen, denn dies würde den Widerstand gegen Pläne verstärken, die die Demokraten selbst seit Jahren hegen. Auch sie planen, die Befugnisse des Präsidenten auszuweiten und die demokratischen Rechte auszuhöhlen. Besonders im Falle eines Kriegs und der damit verbundenen Ausweitung präsidialer Machtbefugnisse wäre mit großer Unmut in der Bevölkerung zu rechnen.

Die wachsende Gefahr einer Diktatur ist ein internationales Phänomen. In Brasilien droht Jair Bolsonaro damit, das Ergebnis der diesjährigen Präsidentschaftswahlen zu kippen, indem er sich ausdrücklich auf Trumps Vorgehen in den Jahren 2020–2021 bezieht. In Frankreich droht der Präsidentschaftskandidat Éric Zemmour damit, eine Million Einwanderer zu deportieren, falls er dieses Jahr zum Präsidenten gewählt wird. Während seiner Kundgebung am Samstag verkündete Trump seine Unterstützung für einen Konvoi kanadischer Rechtsextremisten, die sich gegen Einschränkungen für Unternehmen aufgrund von Covid-19 wehren. Demonstranten, die Nazi-Fahnen schwenkten und Schilder mit der Aufschrift „Make Canada Great Again“ trugen, machten die Hauptstadt Ottawa unsicher und verdeutlichen die Gefahr eines Putschs der herrschenden Klasse, um ihre „Profite-vor-Leben“-Politik durchzusetzen.

Die Antwort liegt in der Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse auf der Grundlage eines sozialistischen Programms des Klassenkampfs. Überall auf der Welt – in Frankreich, der Türkei, den Vereinigten Staaten und anderswo – findet eine erste Welle starker Streiks und Proteste gegen die tödliche Covid-19-Politik statt, die die Regierungen mit Hilfe der Gewerkschaften durchsetzen. Die Arbeiterklasse ist die gesellschaftliche Kraft, die in der Lage ist, Faschismus und Diktatur zu zerschlagen. Um ihre Macht zu entfalten, muss sie jedoch einen Kampf aufnehmen, der von den kapitalistischen Parteien unabhängig ist und sich gegen den Ursprung der Diktatur richtet: das kapitalistische System.

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