Israel startet Großangriff auf den südlichen Libanon

Israel hat am Sonntag mit mehr als 100 Kampfflugzeugen seinen größten Angriff auf den Libanon seit 2006 gestartet. Laut den Israelischen Verteidigungskräften wurden über 40 Ziele angegriffen.

Israelische Soldaten feuern eine mobile Haubitze ab. Aufgenommen im Norden Israels nahe der Grenze zum Libanon am 15. Januar 2024 [AP Photo/Ohad Zwigenberg]

Kurze Zeit später kündigte die Hisbollah-Miliz im Libanon an, sie greife als Vergeltung für die Ermordung ihres hochrangigen Militärchefs Fuad Shukr letzten Monat bei einem Angriff auf Beirut Stellungen des israelischen Militärs an.

Israels Angriffe auf den Libanon sind Teil einer von den USA unterstützten militärischen Eskalation im gesamten Nahen Osten, deren zentrales Ziel der Iran ist. Gleichzeitig unterstützen die USA Israels Völkermord in Gaza, der bereits mehr als 40.000 Todesopfer gefordert hat.

Bei den Angriffen im Libanon wurden drei Menschen getötet, während innerhalb Israels keine Toten gemeldet wurden. Ein israelischer Soldat wurde auf einem israelischen Kriegsschiff getötet, nachdem darüber eine israelische Luftabwehrrakete explodiert war. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte, man habe „alle Drohnen abgefangen, die die Hisbollah auf ein strategisches Ziel im Zentrum des Landes abgefeuert hat“.

Der israelische Angriff war der schwerste seit der 34-tägigen Invasion des Südlibanons im Jahr 2006.

Regierungsvertreter der USA und Israels machten deutlich, dass bei den Angriffen eine enge Koordination stattfand. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte am Wochenende zweimal mit seinem israelischen Amtskollegen Yoav Gallant gesprochen, um „Israels Vorgehen zur Abwehr von Angriffen der libanesischen Hisbollah zu diskutieren“. Israelische Regierungsvertreter erklärten, sie hätten die USA vor dem Angriff auf den Libanon informiert.

Am Sonntag berichtete das Pentagon, US-Verteidigungsminister Lloyd Austin habe zwei US-Flugzeugträger angewiesen, im Nahen Osten zu bleiben, statt wie geplant einen davon rückzuverlegen.

Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, Sean Savett, billigte Israels Angriff auf den Libanon und erklärte: „Wir werden Israels Recht, sich zu verteidigen, weiterhin unterstützen.“

Jake Sullivan, Nationaler Sicherheitsberater der USA, fügte am Sonntag in einem Interview hinzu: „Es fand eine ständige Kommunikation statt, und wir haben die Bedrohung durch Hisbollah-Angriffe auf Israel seit einiger Zeit verfolgt.“

Netanjahu drohte in einer Erklärung am Sonntagnachmittag mit weiteren Angriffen auf den Libanon und erklärte, der Angriff sei „nicht das Ende vom Lied... Wir sind entschlossen, alles zu tun, was wir können, um unser Land zu verteidigen... Wer immer uns schadet, dem schaden wir.“

Im April wurden bei einem israelischen Angriff auf Damaskus eine Gruppe iranischer Offiziere getötet, worauf der Iran reagierte, indem er Israel mit 300 Raketen und Drohnen angriff, von denen fast alle abgefangen wurden.

Im Juli wurde zuerst Fuad Shukr bei einem Angriff in Beirut und danach der politische Führer der Hamas, Ismail Haniyeh, in einem Gästehaus des Militärs im Iran ermordet.

Israel erhält pro Jahr die größte Auslandshilfe der USA und hat seit Oktober 2023 Waffen im Wert von 12,5 Milliarden Dollar erhalten. Die USA haben dem Land dutzende hochmoderner Kampfflugzeuge geliefert, darunter den Typ F-35. Anfang des Monats bewilligten die USA einen Waffenverkauf in Höhe von 20 Milliarden Dollar an Israel, darunter 50 F-15-Kampfflugzeuge, AMRAAM-Luft-Luft-Raketen mit mittlerer Reichweite, Panzermunition des Kalibers 120 mm, Sprenggranatwerfer und taktische Fahrzeuge. Israel ist außerdem der einzige Staat im Nahen Osten, der Atomwaffen besitzt.

Seit Oktober hat Israel im Süden des Libanon fast 500 Menschen getötet, mehr als bei der Invasion des Libanon im Jahr 2006 und bei Angriffen auf den Iran, Syrien und den Jemen getötet wurden. Im gleichen Zeitraum wurden fast 50 israelische Soldaten und Zivilisten durch Angriffe der Hisbollah getötet.

Vor dem Hintergrund der israelischen Angriffe wurden die Verhandlungen zwischen der Hamas und israelischen Regierungsvertretern über einen möglichen Austausch von Geiseln am Sonntag ohne Einigung abgebrochen. Berichten zufolge waren an den Diskussionen auch CIA-Direktor William Burns und David Barnea, der Leiter des israelischen Geheimdienstes Mossad, beteiligt.

Israels Angriff auf den Libanon steht in Zusammenhang mit seinem Völkermord in Gaza, dem nach Schätzungen von Lancet möglicherweise bis zu 200.000 Palästinenser zum Opfer gefallen sind.

Im Vorfeld der israelischen Eskalation gegen den Libanon hatte Netanjahu am 24. Juli vor dem US-Kongress gesprochen. Er rechtfertigte und verteidigte nicht nur den Völkermord in Gaza, sondern sprach sich auch für eine US-Intervention gegen den Libanon, den Jemen und den Iran aus.

Im Anschluss an die Rede erklärte die US-Vizepräsidentin Kamala Harris: „Ich werde immer sicherstellen, dass Israel in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen, auch gegen den Iran und vom Iran unterstützte Milizen wie die Hamas und die Hisbollah.“ Damit gab sie einer Ausweitung des Kriegs über Gaza hinaus praktisch grünes Licht.

Israel und die USA haben die Ereignisse vom 7. Oktober benutzt, um seit langem gehegte Pläne zur Neuordnung des Nahen Ostens unter der Vorherrschaft der USA umzusetzen, die sich gegen den Iran richten.

Der eskalierende Krieg im Nahen Osten ist Teil einer globalen Offensive des US-Imperialismus, deren Hauptziele Russland und China sind. Mit dieser Offensive wollen die imperialistischen Mächte die Herrschaft über ihre ehemaligen Kolonien wiederherstellen.

Die Biden-Regierung wird für ihre Unterstützung des Völkermords in Gaza allgemein verurteilt. Doch die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris hat deutlich gemacht, dass sie diese Politik fortsetzen wird und jegliche Einschränkung der US-Unterstützung für Israel ablehnt.

In ihrer Rede auf dem nationalen Parteitag der Demokraten letzte Woche hatte Harris erklärt: „Lassen Sie mich das deutlich sagen: Ich werde immer für Israels Recht auf Selbstverteidigung eintreten, und ich werde immer dafür sorgen, dass Israel in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen.“

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