Der designierte US-Präsident Donald Trump bestätigte am Montag, dass er beabsichtigt, den nationalen Notstand auszurufen und das US-Militär zur Abschiebung von Millionen Migranten einzusetzen, sobald er am 20. Januar sein Amt antritt. Trump zitierte und unterstützte einen Beitrag von Tom Fitton, dem Leiter der ultrarechten Gruppe Judicial Watch, auf seiner Plattform Truth Social.
Fitton schreibt, dass Trump „bereit ist, den nationalen Notstand auszurufen und militärische Mittel einzusetzen, um die Biden-Invasion durch ein Massenabschiebeprogramm rückgängig zu machen“. Der faschistische Ex- und zukünftige US-Präsident Trump kommentiert diesen Beitrag mit einem einzigen Wort: „TRUE!!!“ (Wahr!!!).
Seitdem diese Erklärung am Montagmorgen um 4:03 Uhr veröffentlicht wurde, gab es eine Flut von Medienberichten. Sie berufen sich auf ungenannte Trump-Berater und berichten über umfangreichen Planungen, die bereits im Gange sind, um einen beispiellosen diktatorischen Angriff auf zugewanderte Arbeiter und ihre Familien vorzubereiten.
Dazu gehören ausführliche Diskussionen über den Ausbau der derzeit von der Einwanderungs- und Zollbehörde (Immigration and Customs Enforcement, ICE) betriebenen Hafteinrichtungen. Diese wurden bereits durch die Massenverhaftungen unter der Biden-Harris-Regierung gefüllt, insbesondere im vergangenen Jahr, als die Demokraten versuchten, mit Trump zu konkurrieren durch Repressionsmaßnahmen gegen Migranten.
Die ICE verfügt nicht über das nötige Personal, um Einrichtungen in dem von Trump und seinem obersten Berater für Einwanderungsfragen Stephen Miller vorgeschlagenen Umfang zu betreiben. Der Betrieb dieser Gefangenenlager würde unweigerlich in den Zuständigkeitsbereich des Pentagon fallen, was einen Verstoß gegen das Posse Comitatus Act darstellen würde, das dem US-Militär die Durchführung von Strafverfolgungsmaßnahmen innerhalb der Grenzen der Vereinigten Staaten untersagt.
Frühere Regierungen, auch die von Trump, haben die Gesamtzahl der Migranten ohne legalen Status auf 11 bis 12 Millionen geschätzt. Mindestens die Hälfte von ihnen lebt seit mehr als einem Jahrzehnt in den USA und viele Zugewanderte haben Kinder mit US-Staatsbürgerschaft. Im Laufe seines Präsidentschaftswahlkampfes hat Trump die Zahl der Einwanderer, die er abzuschieben gedenkt, ständig erhöht. Zunächst sprach er von 15, dann von 20 Millionen.
Demnach würde jeder, der in Verdacht steht, „illegal“ zu sein, unabhängig von seinem tatsächlichen Status im polizeilich-militärische Schleppnetz aufgegriffen, inhaftiert und abgeschoben. Eine Abschiebung bedeutet für viele die Überführung in ein Land, in dem die Menschen nie gelebt haben und deren Sprache sie möglicherweise nicht einmal sprechen. Geplant ist eine rassistische Polizeistaatsaktion der übelsten Sorte.
Das Ausmaß der angedrohten Massenabschiebung ist erschütternd. Die größte Zahl von Einwanderern, die jemals in einem einzigen Jahr abgeschoben wurde, beläuft sich auf 430.000 Menschen, die 2013 von der Obama-Regierung deportiert wurden. Trump hat in seiner ersten vierjährigen Amtszeit nie den Rekord des „Deporter-in-Chief“ Obama erreicht
Trump hat angedeutet, dass er als erstes die 1,2 Millionen Migranten ins Visier nimmt, gegen eine endgültige Abschiebungsanordnung von Bundeseinwanderungsgerichten vorliegen. Es gäbe auch Bestrebungen, die 530.000 Migranten loszuwerden, die unter die Bestimmungen zur Befreiung von der Visumspflicht für Flüchtlinge aus Ländern wie Kuba, Venezuela und Nicaragua fallen. Alle genannten Länder sind Ziel von Destabilisierungskampagnen der USA. Eine weitere diskutierte Maßnahme ist die Aufhebung des befristeten Schutzstatus für weitere 860.000 Personen, hauptsächlich aus Venezuela, Haiti, El Salvador, Honduras und der Ukraine.
Trump und Miller planen Berichten zufolge auch, eine zentrale Bestimmung der Nachbürgerkriegsregelung anzufechten, nämlich das „Geburtsrecht“, das im 14. Verfassungszusatz verankert ist. Demnach hat jedes Kind, das auf amerikanischem Boden geboren wird, automatisch Anspruch auf die US-Staatsbürgerschaft.
Trump hat auch damit gedroht, sich auf den Alien Enemies Act von 1798 zu berufen, der die Bundesregierung ermächtigt, „feindliche Ausländer“ während eines Krieges zu inhaftieren – obwohl der US-Kongress seit 1942, also seit dem Zweiten Weltkrieg, keinem anderen Land mehr den Krieg erklärt hat. Die Anwendung dieses Gesetzes käme im Grunde einer Kriegserklärung an alle Länder gleich, deren Bürger versuchen, die Grenze zwischen den USA und Mexiko zu überschreiten oder die ihr Visum überschreiten - also an die ganze Welt.
Die neue Regierung plant außerdem so schnell wie rechtlich möglich alle Programme abzuschaffen, die Flüchtlingen aus bestimmten Ländern Visumserleichterungen oder einen befristeten Status gewähren. Hierzu zählen Länder wie Kuba, Haiti, Venezuela und die meisten mittelamerikanischen Länder, sowie bestimmte Gruppen aus Afghanistan, Irak und anderen Ländern, die Ziel von US-Invasionen waren – hier wurde Einheimischen, die mit dem US-Militär zusammengearbeitet hatten die Einreise in die USA gestattet.
Das erste große Vorhaben nach Trumps Wiedereinzug ins Weiße Haus wird wahrscheinlich der Bau neuer Haftanstalten sein, darunter mehrere in der Nähe von Großstädten wie New York City, Chicago und Houston, wo eine große Zahl von Zugewanderten mit und ohne legalen Status lebt.
Trumps Rechtsberater sind bereits mit der Ausarbeitung von Durchführungsverordnungen beschäftigt, die der neue Präsident unmittelbar nach seiner Vereidigung am 20. Januar erlassen könnte. Dazu zählt auch die Aufhebung des befristeten Schutzstatus für Einwanderer aus mehreren Ländern, u.a. Haitianer. Im Wahlkampf hatten Trump und sein designierter Vize JD Vance die haitianische Community in Springfield, Ohio verunglimpft.
Eine weitere Anordnung würde alle unter Präsident Biden erlassenen Durchführungsverordnungen aufheben, mit denen die gegen Migranten gerichteten Anordnungen Trumps während seiner ersten Amtszeit aufgehoben wurden. Dazu gehört auch die Wiedereinführung der Politik des „Verbleibs in Mexiko“, die gegen internationales Recht verstößt, weil sie Asylbewerber zwingt, ihre Anträge in mexikanischen Haftanstalten und nicht in den Vereinigten Staaten zu stellen.
Es wird erwartet, dass die Trump-Regierung im Zuge der massiven Ausweitung der Haftanstalten private Gefängnisunternehmen wie CoreCivic und Geo, deren Aktienkurse seit der Wahl am 5. November in die Höhe geschnellt sind, mit mehreren Milliarden Dollar füttern wird. In einer Telefonkonferenz mit Investoren soll CoreCivic-CEO Damon Hininger erklärt haben: „Wir glauben, dass der Ausgang dieser Wahl für die ICE aus verschiedenen Gründen bemerkenswert sein wird. Und wir glauben, dass der Bedarf an Haftkapazitäten steigen wird.“
Laut NBC News plant Trumps Team, die Aufnahmekapazitäten der Abschiebegefängnisse zu verdoppeln. insbesondere in der Nähe von Städten wie New York, Washington und Chicago. Dies kann durch ICE-Verträge mit privaten Gefängnisbetreibern erreicht werden.
Die New York Times berichtet:
Trumps Team erklärte, es habe einen vielschichtigen Plan entwickelt, um die Zahl der Abschiebungen deutlich zu erhöhen. Dies könne seiner Meinung nach ohne neue Gesetze umgesetzt werden, auch wenn man mit rechtlichen Anfechtungen rechne.
Weitere Elemente des Plans sind die Verstärkung der ICE-Beamten durch Strafverfolgungsbeamte, die vorübergehend von anderen Behörden abgestellt werden, sowie durch Nationalgardisten und Bundestruppen, die zur Durchsetzung des Gesetzes auf inländischem Boden im Rahmen des Aufstandsgesetzes [Insurrection Act] aktiviert werden.
Das Team plant außerdem, eine Form der verfahrensfreien Ausweisung, die so genannte beschleunigte Abschiebung, die derzeit in der Nähe der Grenze für Neuankömmlinge angewandt wird, auf Personen auszuweiten, die im Landesinneren leben und nicht nachweisen können, dass sie seit mehr als zwei Jahren in den Vereinigten Staaten sind.
Und das Team plant, die Ausstellung von staatsbürgerschaftsbestätigenden Dokumenten wie Pässen und Sozialversicherungskarten für Kinder zu stoppen, die auf heimischem Boden von Eltern ohne Papiere geboren wurden, um das Geburtsrecht zu beenden.
Der Insurrection Act ist ein Gesetz aus dem Jahr 1807, auf das sich Trump im Jahr 2020 erfolglos berufen wollte, um die Armee gegen Proteste einzusetzen. Damals war es zu Massendemonstrationen gegen Polizeigewalt gekommen, nach dem Millionen den auf Video festgehaltenen Mord eines Polizisten an George Floyd gesehen hatten. Diese wollte Trump mit Einsatz der Nationalgarde stoppen.