Labour in der Krise und Reform UK auf dem Vormarsch – baut die Socialist Equality Party auf!

Die Labour Party ist bereits nach sechs Monaten genauso verhasst in der Bevölkerung wie die Tories, die dafür mehr als ein Jahrzehnt von Regierungen mit Sparprogrammen benötigten.

Laut Daten von YouGov haben fast zwei Drittel der britischen Bevölkerung eine schlechte Meinung von der Labour-Regierung, und weniger als ein Fünftel ist positiv eingestellt. Von den Menschen, die bei den letzten Wahlen für Labour gestimmt haben, d.h. nur 17 Prozent der Wahlberechtigten, hat eine Mehrheit (38 Prozent) eine negative Meinung von der Regierung und eine Minderheit (34 Prozent) eine positive.

Der britische Premierminister Sir Keir Starmer von der Labour Party spricht am 5. Juli 2024 in der Downing Street. Starmer hatte die Parlamentswahlen am 4. Juli gewonnen und war von König Charles III. im Buckingham Palace zum Premierminister ernannt worden [AP Photo/Kin Cheung]

Millionen Menschen sehen zu Recht keinen Unterschied zwischen Labour und den Tories. Die Regierung hat sich ihre Unpopularität voll und ganz verdient: Sie hat die Winter-Heizkostenzuschläge für Millionen Rentner abgeschafft, sie hält Millionen Kinder in Armut, weil sie an der Begrenzung des Kindergelds auf zwei Kinder festhält, sie hat mehrfach den National Health Service angegriffen, um weitere Privatisierungen vorzubereiten, die Gehaltserhöhungen im öffentlichen Sektor unterhalb der Inflationsrate gehalten, „Effizienz“-Kürzungen in allen Regierungsbehörden angeordnet, die Kriegsdrohungen gegen Russland verschärft, Israels Völkermord in Gaza unterstützt und ist in einem Maße gegen Einwanderer vorgegangen wie keine Regierung vor ihr.

Die Socialist Equality Party hat diese Entwicklung vorausgesagt und einen Tag nach der Wahl geschrieben:

Sir Keir Starmer nimmt seinen Platz an der Spitze einer Labour-Regierung ein, die sich auf Kollisionskurs mit der britischen Arbeiterklasse befindet. Er verdankt seinen „Erdrutschsieg“ ausschließlich dem Hass, der der konservativen Regierung der letzten 14 Jahre entgegenschlug, dem durch und durch undemokratischen Mehrheitswahlrecht und der Tatsache, dass die weit verbreitete linke Stimmung keinen organisierten sozialistischen Ausdruck gefunden hat.

Diese Faktoren haben ein neues reaktionäres Monster an die Macht gebracht. Starmer steht deutlich weiter rechts steht als alle früheren Labour-Vorsitzenden und erhielt bei einer beinahe rekordverdächtig niedrigen Wahlbeteiligung kaum mehr als ein Drittel der Gesamtstimmen...

Nur wenige Tage nachdem sie den Tories um Rishi Sunak eine beispiellose Wahlniederlage beigebracht haben, werden sich viele Arbeiter und junge Menschen im ganzen Land die Frage stellen: „Wie werden wir ihre Nachfolger los?“

Die SEP erklärte in der Resolution Krieg, Klassenkampf und die Aufgaben der Socialist Equality Party“, die auf dem Parteitag im November verabschiedet wurde: „Die Arbeiterklasse befindet sich auf unbekanntem Terrain, und keine der alten Kampfmethoden wird noch ausreichen...“ Wir erklärten, dass Starmer die Wahl im Wesentlichen gewinnen konnte, weil Jeremy Corbyn als Vorsitzender der Labour Party und dann die Gewerkschaftsbürokratie die Arbeiterklasse verraten haben, und betonten:

Alles hängt davon ab, die Arbeiter aus dem Würgegriff der Gewerkschaftsführungen und der Labour Party zu befreien. Sie üben noch immer einen schädlichen Einfluss auf eine Arbeiterklasse aus, die vom Marxismus und ihren eigenen Traditionen des Klassenkampfs getrennt worden ist. Diese Verbindung wiederherzustellen, bedeutet einen politischen und organisatorischen Bruch mit Labour und der Gewerkschaftsbürokratie.

Starmer hätte nicht zum Labour-Parteichef, geschweige denn zum Premierminister aufsteigen können, wenn Corbyn und seine Anhänger nicht systematisch die Bewegung demobilisiert hätten. Corbyn wurde zweimal zum Parteivorsitzenden gewählt, obwohl eine Hexenjagd auf Hunderttausende von Arbeitern und Jugendlichen stattfand, die in die Partei eingetreten waren, um für ihn zu stimmen. Sie wollten und erwarteten einen Kampf gegen die Politik von Sparmaßnahmen und Krieg, die von der Blair-Fraktion in der Labour Party und den Tories gemeinsam verfolgt wurde.

Jeremy Corbyn spricht auf einer Kundgebung in London, 3. Februar 2024

Mit diesem Versprechen gewann Corbyn große Unterstützung, selbst nach seinen Rückziehern zu Themen wie der Nato-Mitgliedschaft und Atomwaffen. Bei den Parlamentswahlen 2017 konnte Labour bei einer hohen Wahlbeteiligung von 69 Prozent seinen Stimmanteil um zehn auf 40 Prozent steigern – ein deutlich besseres Ergebnis als das von Starmer. Das Ergebnis machte 20 Jahre des Niedergangs und der Stagnation der Labour-Stimmenanteile rückgängig und kostete die Tory-Premierministerin Theresa May ihre Mehrheit.

Doch angesichts einer Gegenoffensive einer verunsicherten herrschenden Klasse, in deren Mittelpunkt erfundene Vorwürfe über eine massive „Krise des linken Antisemitismus“ in der Labour Party und Behauptungen standen, diese stelle eine „existenzielle Bedrohung“ für britische Jüdinnen und Juden dar, kapitulierte Corbyn vollständig. Durch die Demoralisierung seiner Anhänger verlor Corbyn 2,5 Millionen Stimmen im Vergleich zu 2017 und wurde bei den Wahlen 2019 von Boris Johnson geschlagen. Das nahm er zum Anlass, um die Partei stillschweigend wieder an Starmer zu übergeben.

Die SEP erklärt dazu in ihrer Resolution:

Die Starmer-Regierung ging aus einer sechsjährigen massenhaften Säuberungskampagne in der Parteimitgliedschaft hervor, die den Codenamen „Operation Icepick“ trug. Dabei wurden Tausende von Anhängern des ehemaligen Labour-Führers Jeremy Corbyn als Antisemiten gebrandmarkt und aus der Partei ausgeschlossen oder vertrieben – Säuberungen, die durch Corbyns eigene Feigheit und Komplizenschaft erst möglich wurden.

Der zweite Faktor, der die Rückkehr der Blairisten an die Macht ermöglichte, war die verräterische Rolle der Gewerkschaftsbürokratie. Selbst nachdem Corbyn die politische Initiative an Starmer übergeben hatte, gab es in der Arbeiterklasse noch immer große Kampfbereitschaft, die durch die Pandemie verstärkt wurde und sich in der Streikwelle von 2022–24 manifestierte. Millionen Arbeiter traten in Aktion, um den Niedergang ihres Lebensstandards während der vorangegangenen zehn Jahre rückgängig zu machen. Das Potenzial für einen Generalstreik war vorhanden.

Die Resolution des SEP-Parteitags erklärte:

Die SEP intervenierte, um die Rolle der Gewerkschaftsbürokratie als Betriebspolizei im Dienste der Konzerne und des Staats zu bekämpfen. Wir betonten, dass die Arbeiterklasse Aktionskomitees aufbauen müsse, um die Arbeitenden unabhängig von und gegen die Gewerkschaftsbürokratie zu organisieren und dem Klassenkampf einen neuen Weg zu eröffnen: Die britische Arbeiterklasse musste sich mit ihren Klassenbrüdern und -schwestern weltweit gegen den prokapitalistischen Wirtschaftsnationalismus der Bürokratie vereinen; bloß auf der Ebene wirtschaftlicher Militanz konnte sie diesen Kampf nicht führen. Die systematische Vorbereitung eines Generalstreiks hätte zum Ziel gehabt, die konservative Regierung zu stürzen und eine sozialistische Führung als Alternative zur Labour Party aufzubauen.

Doch diese Bewegung wurde durch eine Reihe von Ausverkäufen – inszeniert von den Gewerkschaftsführungen – sabotiert. Sie ebneten den Weg für die Starmer-Regierung sowie „die weitere Anhäufung riesiger Reichtümer an der Spitze der Gesellschaft“ und „das Bestreben der Finanzoligarchie, die imperialistischen Interessen Großbritanniens durch ein politisches und militärisches Bündnis mit Washington zu sichern“.

Die Unterdrückung des Klassenkampfs und Labour an der Regierung haben es der extremen Rechten ermöglicht, Einwanderer zum Sündenbock für die schweren sozialen Missstände der Arbeiterklasse zu machen.

Derzeit ist der größte Nutznießer der Talfahrt der Labour-Regierung Nigel Farages Reform UK. Die Partei ist in den heutigen Umfragen von 14 Prozent bei den Wahlen auf 22 Prozent gestiegen. Laut YouGov ist Zuwanderung die am zweithäufigsten geäußerte Sorge der Bevölkerung nach der Wirtschaft. 70 Prozent halten die Zuwanderung in den letzten zehn Jahren für „zu hoch“, 50 Prozent für „viel zu hoch“ und 43 Prozent für „überwiegend schlecht für das Land“. Nur 18 Prozent halten sie für „überwiegend gut“.

Nigel Farage, Vorsitzender der damaligen Brexit Party, spricht auf einer von Trumps Wahlkampfveranstaltungen am Phoenix Goodyear Airport in Goodyear (Arizona) im Oktober 2020 [Photo by Gage Skidmore / CC BY-SA 2.0]

Für Sozialisten sind das ernüchternde Statistiken. Sie alleine erfordern eine schonungslose Kritik an den Kräften, die in der letzten Zeit als „die Linke“ galten. Die Resolution des SEP-Parteitags beschreibt den Aufstieg der extremen Rechten als „das Ergebnis der mit Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit vergifteten Atmosphäre, erzeugt durch mehrere aufeinanderfolgende Labour- und konservative Regierungen, und der sozialen Verzweiflung, die die endlosen Sparmaßnahmen hervorriefen. Die extreme Rechte konnte das ausnutzen.“ All dies wurde möglich, weil eine linke Bewegung in der Arbeiterklasse lange Zeit unterdrückt wurde.

Das ist ein internationales Phänomen. In Frankreich und Deutschland sind Marine Le Pens Rassemblement National und die AfD auf dem Vormarsch. In Italien ist Giorgia Meloni bereits an der Macht und gibt in der Europäischen Union den Ton vor. In Österreich könnte ihr bald Herbert Kickl von der Freiheitlichen Partei folgen. Der wichtigste Ausdruck dieses internationalen Wiedererstarkens des Faschismus ist die künftige US-Regierung unter Donald Trump, dessen Handlanger Elon Musk jetzt anbietet, Reform UK zu finanzieren, wenn diese im Gegenzug Tommy Robinsons faschistische Schläger aufnimmt.

Unsere Resolution erklärt zu Trumps Sieg bei den US-Wahlen:

Die Schlüsselrolle für Trumps Aufstieg haben die Demokratische Partei und ihre Verbündeten in der Gewerkschaftsbürokratie der AFL-CIO gespielt... Auf den Putsch vom 6. Januar reagierten sie mit dem systematischen Versuch, die Republikanische Partei zu stärken, indem sie sie als Opfer Trumps hinstellten. Gleichzeitig unterdrückten die Gewerkschaften jegliche Opposition gegen wirtschaftliche Not, unter der in der Biden-Ära Millionen Menschen leiden, und verrieten jeden Widerstand. Vor allem junge Menschen wandten sich von der Demokratischen Partei ab, weil diese sich für einen Krieg mit der Ukraine und die Unterstützung des Völkermords in Israel einsetzte, was es Trump ermöglicht hat, sich als Friedensstifter zu präsentieren. Hinzu kommt, dass die Demokraten eine spalterische Identitätspolitik fördern, die auf eine obere Mittelschicht zugeschnitten ist, die nur nach persönlichem Aufstieg strebt und dem Leid der arbeitenden Bevölkerung, für die Trump angeblich spricht, offen feindlich gegenübersteht.

Eine Antwort auf diese Herausforderung von rechts erfordert einen sozialistischen Kampf, um die Forderungen von Arbeitern nach Arbeitsplätzen, Lohnerhöhungen und Wohnungsbau, qualitativ hochwertigen öffentlichen Verkehrsmitteln, Bildung, Gesundheit und sozialer Versorgung zu erfüllen. Dieses Programm ist untrennbar mit dem Kampf gegen Krieg und für allgemeine demokratische Rechte verbunden. Für einen solchen Kampf braucht die Arbeiterklasse eine neue Partei, eine revolutionäre Partei.

Der Wahlkampf der SEP, der sich direkt gegen Starmer richtete, konzentrierte sich auf diese entscheidende Aufgabe. Wir waren die einzige Partei des linken Spektrums, die sich uneingeschränkt gegen die Labour Party und Gruppen wie die Socialist Workers Party und die Socialist Party gestellt hat, die zur Wahl von Labour-Kandidaten als „kleinerem Übel“ aufriefen – abgesehen von einer Handvoll Sitzen, für die unabhängige Kandidaten gegen den Völkermord in Gaza antraten. Diese Position kam einer Unterstützung für die Wahl von Starmers rechter, kriegstreiberischre Regierung gleich, bei der einige zahme Abgeordnete unter Corbyns Führung die Rolle der „Opposition“ spielen sollten.

Vor allem lenkte sie die Arbeiter von der Schlussfolgerung ab, die wir in unserer Resolution nannten:

Die revolutionäre Partei ist für die Lösung der aktuellen Krise das entscheidende Element. Die Menschheit steht vor einer ernsten Lage, aber es gibt eine mächtige soziale Kraft, die einen Ausweg aufzeigen kann: die internationale Arbeiterklasse. Die revolutionäre Partei ist der Mechanismus, durch den die Arbeiterklasse handeln kann.

Die Ereignisse werden der Arbeiterklasse die Notwendigkeit einer revolutionären sozialistischen Partei immer deutlicher machen. Die rechte Politik der Labour Party wird der Regierung keine Ruhe von den Beschwerden des Großkapitals und der Banken verschaffen. Das Gezeter gegen den Oktober-Haushalt von Finanzministerin Rachel Reeves, der der Arbeiterklasse nur eine Fortsetzung des Sparkurses bietet, geht in den Wirtschaftskreisen weiter. Der Druck auf den britischen Anleihenmarkt ebnet den Weg für eine drastische Überprüfung der Ausgaben im Frühjahr. Die Forderung lautet jetzt, dass die Nato-Mitgliedsstaaten drei oder sogar fünf Prozent des BIP für ihre Militärs ausgeben sollen, was jedes Jahr dutzende Milliarden Pfund mehr erfordert.

Starmers Regierung wird tun, was ihr befohlen wird. Sie hat auf die Kritik aus der Wirtschaft an ihrem Haushalt reagiert, indem sie schnell versprach, selbst die geringen Einschränkungen, die den Banken nach 2008 auferlegt wurden, zu lockern. Doch die Superreichen werden nach jedem Schritt in diese Richtung ihre Forderungen verschärfen, während die Verbitterung in der Bevölkerung weiter anwachsen wird. Die Labour-Regierung hat bereits mit ihrer Amtsübernahme ihr politisches Todesurteil unterzeichnet. Die entscheidende Frage ist jetzt, welche gesellschaftliche Kraft dieses Urteil vollstrecken wird: die Kapitalisten oder die Arbeiterklasse.

Arbeiter und Jugendliche, die für eine sozialistische Zukunft kämpfen wollen, sollten die Resolution „Krieg, Klassenkampf und die Aufgaben der Socialist Equality Party“ studieren und diskutieren. Bestellt noch heute eine Kopie und kontaktiert uns, um mit einem Mitglied über den Beitritt zur SEP zu sprechen.

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