Im Bundestagswahlkampf positioniert sich das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) als extrem nationalistische Kraft, die die Interessen Deutschlands am aggressivsten gegen seine internationalen Kontrahenten – allen voran die USA unter dem zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump – vertritt. Der BSW-Parteitag in Bonn am Sonntag gab davon ein besonders drastisches Bild.
Wagenknecht nutzte ihre Rede, um die anderen Bundestagsparteien dafür anzugreifen, deutsche Interessen auszuverkaufen und sich Washington zu unterwerfen. Besonders direkt attackierte sie die AfD – bezeichnenderweise nicht für ihr faschistisches Programm, sondern für ihre enge Zusammenarbeit mit Trumps milliardenschwerem Berater Elon Musk.
Die AfD-Vorsitzende und Kanzlerkandidatin Alice Weidel wirke wie „ein unterwürfiges Fangirl, wenn der reichste Mann der Welt ihr eine Audienz gewährt“, kommentierte Wagenknecht Weidels Gespräch mit Musk auf dessen Plattform X vor wenigen Tagen. Und wenn Weidel jetzt auch noch Trumps Forderung übernehme, die Militärausgaben auf fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu steigern, hätte sie da „auch einen Vorschlag“. Vielleicht sollte sich die AfD statt Alternative für Deutschland „lieber Aufrüsten für Donald nennen“. Denn „das wäre doch in etwa das, was dann ihr jetziges Programm ist: Aufrüsten für Donald“.
Natürlich weiß Wagenknecht genau, dass die AfD wie alle anderen Bundestagsparteien nicht für Donald Trump und die USA aufrüstet, sondern für das deutsche Kapital. Parallel zum BSW-Parteitag in Bonn hielt die AfD unter dem Schutz der Polizei, die Gegendemonstranten brutal attackierte, ihren eigenen Parteitag in Riesa ab. Sie sprach sich dafür aus, die Wehrpflicht wiedereinzuführen und Deutschland massiv hochzurüsten, um bei der imperialistischen Neuaufteilung der Welt eine führende Rolle zu spielen.
Dass Wagenknecht Weidel dennoch als „Fangirl“ Washingtons tituliert, unterstreicht vor allem eines: im Kern stimmt sie mit dem Programm der Faschisten überein. Ihre Außenpolitik ist darauf ausgerichtet, die deutschen Interessen mindestens genauso aggressiv zu verfolgen wie die Faschisten. Und auch innenpolitisch passt zwischen sie und die AfD kaum ein Blatt.
Zunächst zur Außenpolitik: Hinter Wagenknechts Phrasen von „Frieden“ und „Diplomatie“ verbirgt sich das Ziel des deutschen und europäischen Imperialismus, sich sicherheitspolitisch unabhängiger von den USA aufzustellen und als eigenständige Großmacht zu agieren.
„Wir müssen unsere Interessen vertreten, wir müssen für unsere Interessen einstehen,“ forderte Wagenknecht in ihrer Rede. „Gerade in der heutigen Welt“ bräuchte man „eigentlich eine Europäische Union, die sich mal wieder für europäische Interessen einsetzt, statt sich wie der verlängerte Arm der US-Administration zu gebärden.“ Aber „wenn schon die EU ein Totalausfall“ sei, dann sei „wenigstens eine deutsche Regierung“ von Nöten, „die souverän und selbstbewusst die Belange der Menschen in unserem Land vertritt, und das im Zweifel auch gegen Ansagen aus Washington“.
Tatsächlich vertritt das BSW nicht die Belange der arbeitenden Menschen, sondern die Interessen des deutschen Kapitals. Der erste Teil ihres in Bonn verabschiedeten Wahlprogramms fordert ein „Comeback für die deutsche Wirtschaft“. In der nächsten Wahlperiode werde „sich entscheiden, ob Deutschland auch in Zukunft zur Liga der führenden Industrienationen gehört oder unwiderruflich absteigt“. Dabei brauche „eine exportstarke Industrie“ wie die Deutschlands „billige Energie und Versorgungssicherheit“.
Wenn das BSW den Nato-Kriegskurs gegen Russland und China kritisiert, dann vom Standpunkt, dass dieser vor allem Washington in die Hände spiele, aber deutschen Rohstoff-, Energie und Wirtschaftsinteressen schade.
„Ein exportstarkes und rohstoffarmes Land wie Deutschland ist auf stabile Wirtschaftsbeziehungen mit möglichst vielen Ländern angewiesen, um die eigenen Waren zu verkaufen und die Versorgung mit Rohstoffen und preiswerter Energie sicherzustellen“, heißt es im Wahlprogramm. Deutschland habe „daher ein elementares wirtschaftliches Interesse, sich an den von Washington im Interesse der US-Wirtschaft vorangetriebenen Wirtschaftssanktionen nicht zu beteiligen“.
Mit der Aufrüstung der Bundeswehr stimmt das BSW im Kern überein. „Wir wollen die Bundeswehr wieder und ausschließlich zu einer Verteidigungsarmee machen“, so das Programm. Die Bundeswehr habe „nach dem Grundgesetz den Auftrag, unser Land zu verteidigen“, und müsse „für diese Aufgabe … angemessen ausgerüstet sein“. Ein „Problem“ dabei sei das „marode und intransparente Beschaffungswesen“.
Wagenknechts Bekenntnisse zum deutschen und europäischen Militarismus unterstreichen, wie verlogen selbst ihre beschränkten sozialen Versprechungen, wie ein Mindestlohn von 15 Euro und etwas höhere Renten, sind. Tatsächlich erfordert das von ihr angestrebte „souveräne und selbstbewusste Europa“, das die eigenen Interessen „vertritt und verteidigt“, die Zerstörung aller noch verbliebenen sozialen Errungenschaften.
Wie ihre frühere Partei, Die Linke, ist dabei auch das BSW bereit, den sozialen Kahlschlag überall dort, wo sie (mit)regiert, zu organisieren. In Brandenburg und Thüringen hat das BSW Regierungskoalitionen mit den Kriegsparteien CDU und SPD gebildet. Dabei hat es jeweils das Finanzministerium und damit die direkte Verantwortung für die Sanierung der Haushalte durch massive Sparprogramme übernommen.
Je aggressiver die herrschende Klasse die eigenen imperialistischen Interessen und den damit verbundenen Sozialabbau verfolgt, desto mehr setzt sie auf Polizeistaatsmaßnahmen und Flüchtlingshetze, um die explosive soziale und politische Opposition zu unterdrücken und in rechte Kanäle zu lenken. Auch in dieser Hinsicht setzt das BSW-Programm Maßstäbe.
Das „Kapitel Sicherheit gewährleisten. Freiheit schützen“ ist eine Blaupause für eine massive Aufrüstung des Staatsapparats. Im Abschnitt „Sichere Straßen und Plätze: Für eine gut ausgestattete Polizei“ heißt es u.a.: „Wir setzen uns dafür ein, dass die Polizei so besetzt und ausgestattet wird, dass sie für Sicherheit“ sorgen kann. Schon eine „sichtbare Polizeipräsenz auf Straßen und öffentlichen Plätzen“ sei dabei „wichtig für das Sicherheitsgefühl und zur Vorbeugung von Straftaten“.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Für all das brauche „es ausreichend Personal“ und „eine bessere Ausstattung“. Die Polizei müsse „in die Lage versetzt werden, Kriminellen, Terroristen und Extremisten wirksamer das Handwerk legen zu können. Wir fordern eine solide Ausstattung der Polizei mit modernen Einsatzmitteln und IT.“ Dabei setze man „auf exzellente Aus- und Fortbildung in Akademien und Trainingszentren“.
Auch der Abschnitt „Sichere Grenzen: Unkontrollierte Migration stoppen“ liest sich wie aus dem AfD-Wahlprogramm abgeschrieben. Die Zahl der Flüchtlinge sei „viel zu hoch“ und „ein Sicherheitsrisiko“, heißt es darin. Die „naive Aufnahmepraxis der letzten Jahre“ habe „sich bereits in einem weit überproportionalen Anstieg von Messerkriminalität, Sexualdelikten und religiös motiviertem Terrorismus bemerkbar gemacht“. Doch „selbst Straftäter ohne Aufenthaltsrecht“ würden „nur selten abgeschoben“.
Das will das BSW ändern. „Wir wollen die unkontrollierte Einwanderung beenden. Deutschland braucht für die kommenden Jahre eine Atempause“, heißt es im Programm. Ab sofort solle der Grundsatz gelten: „Wer aus einem sicheren Drittstaat einreist, hat kein Recht auf Aufenthalt. Wer kein Recht auf Aufenthalt hat, hat keinen Anspruch auf ein Asylverfahren und auch keinen Anspruch auf soziale Leistungen.“
Um den Krieg gegen Flüchtlinge zu intensivieren, plädiert das BSW de facto für die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl. „Wir fordern, Gesetze und nötigenfalls das Grundgesetz so zu ändern, dass kriminelle Flüchtlinge ihren Anspruch auf ein Asylverfahren in Deutschland verlieren und der Schutz vor Abschiebung auf Fälle begrenzt wird, in denen klare Indizien vorliegen, dass dem Betroffenen im Herkunftsstaat die Todesstrafe droht.“
All dies dient der Vorbereitung von Massenabschiebungen im großen Stil. „Rund 572.000 Ausländer ohne Aufenthaltstitel oder -gestattung lebten laut Ausländerzentralregister Ende 2023 in Deutschland“, klagt das BSW und droht: „Es ist wichtig, dafür zu sorgen, dass diese Menschen schnell Deutschland verlassen. Das sendet auch das Signal an potenzielle Zuwanderer, dass man nicht damit rechnen kann, dauerhaft in Deutschland zu bleiben, wenn man keinen Anspruch auf Schutz hat.“
Dass von Januar bis September 2024 von 38.328 geplanten Abschiebungen 23.610 gescheitert seien, bedeute einen „Wortbruch des Kanzlers, der einen Kurswechsel versprochen hatte“. In Deutschland werde das Asylrecht „in großem Stil missbraucht“, „Recht und Gesetz“ müssten „bei Abschiebungen endlich wieder durchgesetzt werden“. Dazu müssten „die für Asylverfahren zuständigen Behörden und Gerichte vorrangig mit Personal ausgestattet und die Verfahren so gestrafft werden, dass sie im Normalfall in drei Monaten abgeschlossen werden“.
Der inhumane und arbeiterfeindliche Charakter des BSW gipfelt in der Forderung nach einer „Aufarbeitung der Corona-Zeit durch einen Untersuchungsausschuss im Bundestag“. „Politische Entscheidungen und Maßnahmen“ müssten „auf den Prüfstand“ und „politische Entscheidungsträger und deren Experten“ Verantwortung übernehmen, verlangt das Programm. Dabei geht es dem BSW nicht etwa um eine wissenschaftlichen Aufarbeitung der andauernden Pandemie, die allein in Deutschland mehr als 183.000 Menschenleben gefordert hat, sondern um die Kriminalisierung selbst der beschränktesten lebensrettenden Maßnahmen, die alle längst beendet wurden, um die kapitalistischen Profite zu maximieren.
Auch hier liegt das BSW auf der Linie der faschistischen AfD, die ebenfalls nach einem Corona-Untersuchungsausschuss ruft.