Bei einem Feuer im Grand Kartal Hotel im türkischen Skigebiet Kartalkaya in der Provinz Bolu wurden am Dienstag mindestens 76 Menschen auf tragische Weise getötet. Laut Berichten brach das Feuer nach Mitternacht aus, als die meisten Gäste schliefen. Auch der Feueralarm ging nicht los. In dem Hotel mit 161 Zimmern befanden sich Berichten zufolge aufgrund der Ferienzeit 238 Gäste und eine noch unbekannte Zahl von Personal.
Innenminister Ali Yerlikaya erklärte, aufgrund der Untersuchung der Staatsanwaltschaft seien neun Personen verhaftet worden, allerdings ist kein Vertreter der Regierung wegen dieses vermeidbaren „sozialen Mordes“ zurückgetreten. Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat einen „landesweiten Trauertag“ für die Toten ausgerufen und versucht, die Verantwortung seiner Regierung für die Katastrophe zu vertuschen. Dazu erklärte er: „Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für Politik. Jetzt ist der Zeitpunkt für Solidarität, Einheit und Zusammenhalt.“
Diese Katastrophe ist eine Anklage gegen die gesamte herrschende Elite, einschließlich der kapitalistischen Konzerne und Beamten, die aus Kostengründen nicht einmal die einfachsten Sicherheitsvorkehrungen gegen Feuer und ähnliche Gefahren getroffen hatten. Laut Aussagen von Überlebenden und Experten gab es in dem Hotel nahezu keine Brandschutzmaßnahmen. Obwohl die Minister erklärten, das Hotel sei auf Brandschutz geprüft worden, betonen Experten, dass fehlende verbindliche Brandschutzsysteme die Katastrophe ermöglicht haben.
Laut Berichten von Augenzeugen und Videos des Vorfalls gab es in dem Hotel ernsthafte Verstöße gegen Sicherheitsregeln.
Ein Gast des Hotels erklärte im Interview mit Ekol TV, während des Brandes habe es keinen Feueralarm gegeben, und er wies auf die fehlenden Sicherheitsvorkehrungen in dem Hotel hin: „Die einzigen, die das Feuer bemerkt haben, waren diejenigen, die den Rauch gesehen und die Geräusche gehört haben. Der Rauch war so dicht, dass wir nichts sehen konnten und fast erstickten. Die Fluchttreppen waren nicht zugänglich, es gab weder Rauchmelder noch Feuerlöscher.“
Laut Beschäftigten des Hotels werden die Fluchttreppen auch vom Personal benutzt, die Notausgänge sind unzureichend. Videos von Augenzeugen zeigen, wie Flammen von mehr als einem Stockwerk des holzverschalten Gebäudes aufsteigen, und wie die im Inneren Gefangenen um Hilfe schreien. Einige Gäste sollen versucht haben, an zusammengebundenen Betttüchern aus den Fenstern zu klettern, andere sprangen in Panik ins Freie.
Innenminister Yerlikaya erklärte, die ersten Feuerwehrkräfte seien 48 Minuten nach Eingang des Notrufs eingetroffen. Die Verzögerungen beim Rettungseinsatz, kombiniert mit unzureichenden Brandschutzmaßnahmen im Hotel, hätten zu dieser hohen Zahl an Toten geführt.
Augenzeugen zufolge mussten die Bewohner des Hotels in den ersten Momenten des Brandes auf eigene Faust mit der Evakuierung beginnen. Ein Beschäftigter des Hotels erklärte gegenüber BBC News Turkish, viele seien gerettet worden, weil aus dem benachbarten Hotel Hilfe eingetroffen sei.
Schon bevor die Löscharbeiten und die Identifizierung der Opfer beendet waren, überboten sich die Behörden damit, sich selbst von der Verantwortung freizusprechen und die Wut der Bevölkerung auf verschiedene andere Leute umzulenken. Der Kultur- und Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy aus Erdoğans Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP) und der Bürgermeister von Bolu Tanju Özcan von der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP) machten sich gegenseitig Vorwürfe.
Ersoy erklärte kurz nach dem Brand, das Grand Kartal Hotel sei in den Jahren 2021 und 2024 inspiziert worden; die Lizenzen zur Eröffnung und zum Betrieb sowie die Brandschutzeignungen seien geprüft und von der Feuerwehr von Bolu genehmigt worden. Ersoy behauptete, für die regelmäßigen Inspektionen sei die Feuerwehr zuständig gewesen.
Özcan reagierte erbost auf diese Aussagen und behauptete, die kommunalen Behörden hätten keine Befugnis über den Brandschutz des Hotels gehabt, der letzte derartige Bericht stamme aus dem Jahr 2007: „Wenn der Minister behauptet, die Kommunalverwaltung von Bolu hätte 2023 oder 2024 ein Dokument zum Brandschutz veröffentlicht, soll er es vorzeigen. Wir haben kein derartiges Dokument. Das Dokument von 2007 ist ein Bericht, der zwölf Jahre vor meiner Amtsübernahme während der Amtszeit eines AKP-Bürgermeisters veröffentlicht wurde. Nach diesem Datum wurde keine Genehmigung mehr erteilt.“
Özcan erklärte, das Hotel befinde sich in einem Tourismusgebiet unter der Kontrolle des Kultur- und Tourismusministeriums. Die Kommunalverwaltung habe keine Befugnis zur Durchführung von Brandschutzinspektionen. Doch in der Zeitung Evrensel steht, aus den Berichten der Hauptversammlungen des Hotels aus früheren Jahren gehe hervor, dass derselbe Resmiye Kahruman, der Buchprüfer und Finanzberater des Betreiberunternehmens des Hotels ist, auch CHP-Abgeordneter in der Kommunalverwaltung von Bolu sei.
Bahadir Özgür von der Gazete Duvar nannte auf X fehlende Aufsicht als Grund für die Brandtragödie. Die Befugnisse der Feuerwehr seien in den letzten Jahren systematisch reduziert worden. Laut Özgür wurde vor dreizehn Jahren nach Forderungen der Baulobby ein Zusatzartikel zu den Brandschutzvorschriften verabschiedet, durch den die Inspektionsbefugnisse der Feuerwehr abgeschafft wurden.
Er erinnerte daran, dass Experten für das Thema damals ernsthafte Warnungen ausgesprochen hätten, und betonte, dass die fehlende Aufsicht mögliche Katastrophen heraufbeschworen habe. Özgür erinnerte an den Brand im Vergnügungsviertel Beşiktaş in Istanbul und betonte, dass diese Vorfälle offensichtlich seien. Die zuständigen Behörden seien ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden.
Das Koordinationskomitee der Vereinigung der Ingenieurs- und Architektenkammern (TMMOB) der Provinz Bolu wies auch darauf hin, dass es in dem Hotel keine automatischen Sprinkleranlagen gab, obwohl sie bereits 2008 hätten eingebaut werden sollen. Daher habe sich das Feuer so schnell ausbreiten und so viele Opfer fordern können.
In der Erklärung wurde betont, dass solche Katastrophen durch wissenschaftliche und technische Maßnahmen verhindert werden könnten. Unzureichende Aufsicht und die Priorisierung von Profiten vor Menschenleben durch die Unternehmen seien dafür verantwortlich. Das Komitee betonte außerdem, dass fehlende regelmäßige Wartungen und Inspektionen, das Fehlen von technischem Personal und fehlende Inspektionen der Brandschutzmaßnahmen das Ausmaß der Katastrophe vergrößert hätten.
Nur zehn Monate vor dem Hotelbrand in Bolu wurden bei einem anderen Brand in Istanbul 29 Menschen getötet; fast zwei Jahre zuvor fielen einem Erdbeben in der Türkei und Syrien offiziell 63.000 Menschen zum Opfer. Genau wie bei diesen früheren Katastrophen versuchen die Behörden auch diesmal, sich der Verantwortung zu entziehen, indem sie sich gegenseitig die Schuld zuschieben oder zur „Einigkeit und Solidarität“ aufrufen. Fest steht jedoch, dass die Gleichgültigkeit der herrschenden Klasse gegenüber solchen massiven Verlusten an Menschenleben zunimmt.
Es ist klar, dass in dem zwölfstöckigen Touristenhotel, in dem sich jedes Jahr Tausende von Menschen aufhielten, jahrelang nicht die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen getroffen wurden, dass dies ignoriert wurde, und dass derartige Situationen keine Ausnahme sind. Sie sind im Gegenteil sehr weit verbreitet. Diese Tatsache ist eine Anklage gegen das kapitalistische System und das gesamte bürgerliche Establishment mit seiner Anhäufung von Profit und Reichtum.
Um künftige Katastrophen dieser Art zu verhindern, muss das irrationale System, das seine Ursache ist, abgeschafft und durch eine globale sozialistische Wirtschaft ersetzt werden, in der statt Profiten die Sicherheit und das Wohlergehen der Gesellschaft und der Schutz von Menschenleben an erster Stelle stehen.