In einem ausführlichen Interview mit dem linken Youtuber Fabian Lehr erläuterte Christoph Vandreier, Spitzenkandidat der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) bei der Bundestagswahl, die Perspektive der Partei. Vandreier betonte dabei vor allem die Notwendigkeit einer von allen bürgerlichen Parteien unabhängigen Arbeiterbewegung, um der wachsenden Gefahr von Krieg und Faschismus entgegenzutreten. „Die zentrale Aufgabe ist, die Arbeiter auf die Höhe der Zeit zu bringen“, so Vandreier, und die „politischen Fragen zu klären, die mit der Rückkehr von Faschismus und Krieg aufgeworfen sind“.
Vandreier begann mit einer Darlegung seiner eigenen politischen Entwicklung. Er beschrieb, wie er durch Ereignisse wie den Zusammenbruch der Sowjetunion, den ersten Irakkrieg und das Wiedererstarken faschistischer Bewegungen in den 1990er Jahren politisiert wurde. In dieser Zeit der tiefgreifenden Veränderungen habe er in der trotzkistischen Bewegung die einzige politische Strömung gefunden, die schlüssige Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit bot.
Ein zentraler Punkt in Vandreiers Ausführungen war die historische Bedeutung des Trotzkismus. Er erklärte, dass der Trotzkismus die marxistischen Prinzipien gegen Sozialdemokratie und Stalinismus verteidigt habe. Besonders hob er zwei Kernpunkte hervor: den Internationalismus und die Unabhängigkeit der Arbeiterklasse von allen bürgerlichen Institutionen und Ideologien. Diese Prinzipien seien heute aktueller denn je, denn „Opportunismus, Anpassung an den Kapitalismus nimmt immer nationalistische Form an, während die revolutionäre Perspektive nur mit einer internationalistischen Ausrichtung verteidigt werden kann.“
Vandreier kritisierte scharf die Rolle der etablierten „linken“ Organisationen wie der Linkspartei und der Gewerkschaften. Er argumentierte, dass diese Organisationen längst zu Stützen des kapitalistischen Systems geworden seien und keinerlei fortschrittliche Rolle mehr spielen könnten. Die Linkspartei beispielsweise habe sich offen für Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen und unterstütze de facto die Kriegspolitik der Bundesregierung. Vandreier dazu: „Die Linkspartei ist keine Organisation, wo irgendein Arbeiter sagen würde, das ist meine Kampforganisation, mit der setze ich meine Interessen durch.“
Diesen Rechtsruck müsse man im Zusammenhang mit der kapitalistischen Krise und der Eskalation des Imperialismus verstehen, erklärte Vandreier und verwies auf die zunehmenden Spannungen zwischen den USA und China sowie auf die Eskalation des Ukraine-Konflikts. Die herrschenden Klassen in den imperialistischen Ländern seien bereit, zur Durchsetzung ihrer Interessen einen Atomkrieg zu riskieren. Diese Eskalation führt Vandreier auf die tiefe Krise des Kapitalismus zurück: „Wir erleben, wie hier wirklich die Widersprüche des Kapitalismus in einer brutalen Art und Weise aufbrechen.“
Gleichzeitig betonte Vandreier, dass die Arbeiterklasse die einzige gesellschaftliche Kraft sei, die einen solchen Krieg verhindern könne. Er argumentierte, dass es eine tiefe Kluft zwischen der offiziellen Politik und der Stimmung in der Bevölkerung gebe. Die meisten Menschen seien gegen Krieg und soziale Kürzungen. Das Problem sei, dass diese Opposition keinen organisierten politischen Ausdruck finde.
Hier sieht Vandreier die zentrale Aufgabe der SGP: Sie würde der verbreiteten Antikriegsstimmung eine bewusste politische Form geben. Dies erfordere vor allem eine Klärung der historischen und politischen Fragen. Die Arbeiter müssten verstehen, warum die traditionellen Arbeiterorganisationen versagt haben und warum eine neue, revolutionäre Perspektive notwendig ist. Laut Vandreier ist es nun an der Zeit für „ernsthafte revolutionäre Politik“, die „mit allen Formen des Opportunismus und der Anpassung an das bestehende System bricht“.
Vandreier wandte sich entschieden gegen die Vorstellung, man könne den Kriegskurs durch Unterstützung vermeintlich „friedlicher“ bürgerlicher Politiker wie Sahra Wagenknecht stoppen. Er argumentierte, dass solche Politiker letztlich ebenso den Interessen des deutschen Imperialismus dienten, nur mit einer anderen taktischen Ausrichtung. Wagenknecht verbreite die Illusion, man könne einfach zur Politik Brandts oder gar Adenauers zurückkehren, „aber wenn sie in einer Regierung ist, wird sie eine extrem rechte und militaristische Politik machen“, so Vandreier.
Ein weiterer wichtiger Punkt in Vandreiers Ausführungen war die Analyse des wachsenden Rechtsextremismus. Er sieht in der AfD und ähnlichen Bewegungen eine ernsthafte faschistische Gefahr, betonte aber gleichzeitig die Unterschiede zur Situation in den 1930er Jahren. Anders als die NSDAP hätten die heutigen rechtsextremen Parteien keine Massenbasis in der Bevölkerung. Ihre Stärke resultiere vor allem aus der Unterstützung durch Teile der herrschenden Klasse und der Schwäche der Arbeiterbewegung. „Trump hat keine kleinbürgerliche Massenbasis“, erklärt Vandreier, sondern wurde vor allem „von Arbeitern gewählt, die von den Demokraten abgestoßen sind“.
Vandreier argumentierte, dass der Aufstieg der extremen Rechten eng mit dem Bankrott der traditionellen „linken“ Organisationen zusammenhänge. Viele Arbeiter, die sich von SPD, Linkspartei und Gewerkschaften abgewandt hätten, seien aus Verzweiflung und mangels einer klaren sozialistischen Alternative anfällig für rechte Demagogie geworden.
Die Lösung, so Vandreier, bestehe in der Schaffung einer neuen, revolutionären Führung in der Arbeiterklasse. Die SGP versuche, durch ihre Kandidatur bei den Bundestagswahlen und durch ihre politische Arbeit die Grundlagen dafür zu legen. Er betonte, dass es nicht darum gehe, den alten reformistischen Organisationen neues Leben einzuhauchen, sondern eine völlig neue, unabhängige Bewegung der Arbeiterklasse aufzubauen. Dabei müsse jedoch klar sein, dass „die Unabhängigkeit der Arbeiterklasse nicht einfach bedeutet, eine Graswurzelgewerkschaft aufzubauen, sondern die politischen und historischen Fragen zu klären“.
Abschließend unterstrich Vandreier die Dringlichkeit der Situation. Er argumentierte, dass angesichts der Gefahr eines neuen Weltkriegs keine Zeit für halbherzige Maßnahmen oder politische Spielereien bleibe. Es sei Zeit für „ernsthafte revolutionäre Politik“, die mit allen Formen des Opportunismus und der Anpassung an das bestehende System breche. „Es gibt keine Möglichkeit, den Krieg zu verhindern, außer die Opposition, die keinerlei Ausdruck im bürgerlichen Establishment findet, wirklich zu organisieren“, so Vandreier.
Vandreiers Ausführungen machen deutlich, dass die SGP die einzige politische Kraft in Deutschland ist, die konsequent für eine sozialistische und internationalistische Perspektive eintritt. Jeder, der ernsthaft gegen Faschismus und Krieg kämpfen will, sollte das Interview mit Vandreier komplett ansehen, die politischen und historischen Fragen genau studieren und sich der SGP und der Vierten Internationale anschließen.