Am Dienstag traten die von US-Präsident Donald Trump angedrohten Strafzölle gegen Kanada und Mexiko, die beiden größten Handelspartner der USA, in Kraft.
Alle Einfuhren aus Mexiko sollen mit einem Zoll von 25 Prozent belegt werden, ebenso wie alle Waren aus Kanada, mit Ausnahme von Erdöl, Erdgas, Strom und anderen Energieformen. Für diese soll ein niedrigerer, aber immer noch saftiger Zollsatz von 10 Prozent gelten.
„Die Zölle, Sie wissen schon, sie sind alle gesetzt“, verkündete Trump am Montagnachmittag im Oval Office.
Auf die Frage, ob es möglich sei, dass sich die Einführung der Zölle aufgrund von Verhandlungen in letzter Minute verzögern könnte, betonte Trump, dass die Zölle wie geplant kommen: „Für Mexiko oder Kanada ist kein Spielraum mehr. ... Sie treten morgen in Kraft.“
Trumps Zölle werden die nordamerikanische Wirtschaft in Aufruhr versetzen. Und die Arbeiter in allen drei Ländern werden die Folgen in Form von Massenentlassungen und drastischen Preiserhöhungen zu spüren bekommen.
Sowohl Kanada als auch Mexiko haben versprochen, mit eigenen Zöllen zu reagieren, was einen eskalierenden Handelskrieg in Aussicht stellt. Kanada ist der größte Exportmarkt der USA, und auch Mexiko ist ein wichtiger Markt für die USA, insbesondere für landwirtschaftliche Erzeugnisse.
Der Ministerpräsident von Ontario, der bevölkerungsreichsten und am stärksten industrialisierten Provinz Kanadas, war bis vor kurzem selbst ein Trump-Anhänger. Nun drohte er vergangene Woche damit, die Stromexporte in die USA zu unterbrechen, was in den US-Bundesstaaten Michigan, Minnesota und New York zu Stromausfällen und Spannungsabfällen führen dürfte. „Wenn sie versuchen wollen, Ontario zu vernichten“, rief Doug Ford, „werde ich alles tun, auch ihnen den Strom abdrehen - und das mit einem Lächeln im Gesicht. Sie müssen den Schmerz spüren.“
Selbst wenn Ford nur blufft, kann man die verheerenden Auswirkungen eines nordamerikanischen Handelskriegs, vor allem für die arbeitende Bevölkerung, kaum überschätzen.
Trump und seine Gefolgsleute haben unablässig über die Funktionsweise von Zöllen gelogen und behauptet, dass die Kosten von ausländischen Exporteuren getragen werden. Tatsächlich muss das in den USA ansässige Importunternehmen eine 25-prozentige Steuer auf die Kosten der von ihm erworbenen kanadischen oder mexikanischen Waren zahlen. Um ihre Gewinnspannen zu wahren, reagieren die Importeure, indem sie entweder die Zollgebühr von 25 Prozent an den Verbraucher weitergeben oder ihre Bestellung ganz stornieren.
Die nachteiligen Auswirkungen der Zölle werden durch den hochgradig integrierten Charakter der nordamerikanischen Produktion noch verstärkt, da viele Industriezweige von kontinentalen Produktionsketten abhängig sind. Dies gilt insbesondere für die Automobilindustrie, wo ein Auto- oder Lkw-Bauteil die Grenze zwischen Kanada und den USA oder zwischen Mexiko und den USA mehrmals überqueren kann - und bei jedem Grenzübertritt mit einem Zollsatz von 25 Prozent belegt wird - bevor es schließlich in einem der drei Länder zu einem fertigen Fahrzeug zusammengebaut wird.
Vertreter kanadischer Automobil- und Autoteilehersteller haben davor gewarnt, dass ein Großteil der Branche nach der Einführung von Zöllen in Höhe von 25 Prozent innerhalb weniger Tage stillstehen könnte. Auch aus Mexiko gab es ähnliche Warnungen.
Die Unterbrechung der Produktionsketten wird auch schnell zu Produktionskürzungen und Entlassungen in den USA führen. Und wenn die Zölle über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten werden, führen sie zu Preissteigerungen bei Fahrzeugen, die sich auf mehrere tausend Dollar belaufen. Im letzten Monat beklagte sich Ford-CEO Jim Farley über Trumps Zolldrohungen: „Was wir sehen, sind eine Menge Kosten und eine Menge Chaos.“
Die Zölle drohen auch zu einem Anstieg der Benzinpreise zu führen, der sich auf die gesamte US-Wirtschaft auswirken könnte. Denn die Rohölimporte aus Kanada, die ab Dienstag mit einem Zoll bzw. einer Steuer von 10 Prozent belegt werden sollen, machen mehr als 20 Prozent des täglichen Ölverbrauchs der USA aus.
Trump hat versucht, die Verhängung von Zöllen gegen die angeblichen Partner des Handelsabkommens zwischen den USA, Mexiko und Kanada (USMCA) aus „Gründen der nationalen Sicherheit“ zu rechtfertigen. Insbesondere führt er in diesem Zusammenhang die Behauptung an, die USA würden von „Migranten und [der Synthetikdroge] Fentanyl aus Kanada und Mexiko überschwemmt“.
Dies ist ein reaktionärer Vorwand. In den letzten Wochen haben sowohl Ottawa als auch Mexiko-Stadt ihre Sicherheitskräfte an den jeweiligen Grenzen zu den USA aufgestockt und damit die migrantenfeindliche Hexenjagd der Trump-Regierung materiell unterstützt und politisch legitimiert. Aber alles vergeblich.
Eröffnungssalve in einem globalen Handelskrieg
Trumps faktische Aufkündigung des USMCA, eines Abkommens, das er selbst während seiner ersten Amtszeit ausgehandelt hat, ist nur der Auftakt zu einem globalen Handelskrieg, dessen Hauptziele China und die Europäische Union (EU) sind.
Darüber hinaus ist dieser Handelskrieg selbst nur eine Front in einem von den USA geführten Gerangel aller imperialistischen Mächte um die Kontrolle über Märkte, natürliche Ressourcen, Produktionsnetze und strategische Gebiete durch kommerzielle Auseinandersetzungen, staatlichen Druck und Krieg.
Ebenfalls am Dienstag wird Washington damit beginnen, weitere 10 Prozent Zölle auf alle Importe aus China zu erheben. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist aus Sicht der Strategen des amerikanischen Imperialismus die größte Bedrohung. Diese neuen Zölle werden zusätzlich erhoben zu den bereits vorhandenen Zöllen von 10 Prozent, die Trump am 4. Februar auf chinesische Waren verhängt hat. Darüber hinaus existieren bereits eine ganze Reihe weiterer Zöllen auf chinesische Importe und zudem Embargos für den Export von US-Hightech-Produkten nach China, die bereits während der Regierungen Biden und Trump verhängt wurden.
Trump und seine Berater haben angekündigt, dass sie in den kommenden Wochen weitere Zölle weltweit erheben werden. Dazu gehören: 25 Prozent Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte ab dem 11. März, 25 Prozent Zölle auf Importe aus der EU und 25 Prozent Zölle auf Automobile und Arzneimittel. Washington hat außerdem angekündigt, dass man in Kürze „gegenseitige Zölle“ gegen jedes Land erheben wird, das eine Innenpolitik verfolgt, die als feindlich gegenüber den Interessen von US-Unternehmen angesehen wird – dies umfasst auch die Steuersysteme und staatseigene Unternehmen der betreffenden Länder.
Die Europäische Union hat sich verpflichtet, auf alle Handelsmaßnahmen, die Washington gegen sie ergreift, mit gleicher Münze zu antworten. Gleichzeitig hat sie Pläne für eine massive Aufrüstung angekündigt, um ihre eigenen räuberischen imperialistischen Ziele unabhängig von den USA und notfalls auch gegen sie verfolgen zu können – darunter auch den Krieg gegen Russland.
Ein Hauptziel von Trumps „America First“-Handelskrieg ist die „Verlagerung“ von Produktionsketten und der Wiederaufbau der militärisch-industriellen Produktion des US-Imperialismus.
Wie in den 1930er Jahren droht der Handelskrieg zum Vorzimmer des imperialistischen Weltkriegs zu werden.
Trump will imperialistische Kontrolle der USA über benachbartes Ausland etablieren
Trumps Aktionen sind alles andere als ein Zeichen von Stärke. Sie sind ein verzweifelter Versuch, den sich beschleunigenden Niedergang des amerikanischen Kapitalismus und seiner globalen Macht aufzuhalten durch einen Blitzkrieg der sozialen Konterrevolution im Inland und der imperialistischen Aggression im Ausland.
Ein Schlüsselelement dabei ist die Errichtung einer unbeschränkten imperialistischen Vorherrschaft der USA über das benachbarte Ausland, um einen Krieg mit China vorzubereiten.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Trump versucht, die Verwundbarkeit von Amerikas Nachbarn auszunutzen, die beide etwa 80 Prozent ihrer gesamten Exporte in die USA liefern. Er will damit eine umfangreiche und noch nicht vollständig enthüllte Liste von Zugeständnissen in Bezug auf Investitionen, den Zugang zu Energie und kritischen Mineralien, die Außenpolitik und - im Falle Kanadas - die Militärausgaben erpressen. Dazu gehört auch die Möglichkeit, Kanada in eine Wirtschaftsunion mit den USA zu zwingen und es letztlich in Amerikas 51. Bundesstaat zu verwandeln.
Der kanadische Premierminister Trudeau sagte letzten Monat auf einem Gipfeltreffen vor Unternehmens- und Gewerkschaftsführern, dass Trumps Drohung, „wirtschaftliche Gewalt“ einzusetzen, um Kanada zu annektieren, „real“ sei. Trudeau sagte weiter, der US-Präsident glaube, der billigste Weg, Kanadas Schatz an kritischen Mineralien zu sichern, sei, das Land zu schlucken.
Der kanadische Imperialismus rühmt sich seit langem, der engste Verbündete Washingtons zu sein, und ist selbst ein Protagonist im zwischenimperialistischen Kampf um die Neuaufteilung der Welt. Insofern hat Kanada eine wichtige Rolle im Nato-Krieg gegen Russland gespielt und sich immer stärker in die wirtschaftliche und militärisch-strategische Offensive Washingtons gegen China integriert.
Doch nun findet sich das Raubtier zu seinem Entsetzen als Beute wieder, da Trump seine Ambitionen zur Annektierung Kanadas verkündet hat. Ebenso hat Trump gedroht, Grönland einzunehmen und den Panamakanal „zurückzuerobern“.
Für Klassenkampf, nicht für Zollkrieg
Die Arbeiter in den USA, Kanada und Mexiko müssen sich mit Nachdruck allen Versuchen widersetzen, sich im Handelskrieg auf die Seite ihrer jeweiligen herrschenden Klassen und Regierungen ziehen zu lassen.
Noch während die herrschende Klasse Kanadas gegen Trump protestiert, verspricht sie, das reaktionäre Militär- und Sicherheitsbündnis zwischen Kanada und den USA zu stärken und mehr „Lasten“ zur Sicherung der amerikanischen imperialistischen globalen Hegemonie zu tragen. So hat derselbe Ministerpräsident von Ontario, Doug Ford, der droht, Arbeiterviertel in Detroit in Dunkelheit zu tauchen, eine „Festung Am-Can“ gefordert, um dem wahren „Feind“, China, entgegenzutreten.
Hinter den unablässigen Rufen nach „nationaler Einheit“ und dem Schwenken der kanadischen Flagge macht sich die herrschende Klasse Trumps Sozialpolitik zu eigen und fordert massive Steuersenkungen für Unternehmen, die Abschaffung von Umweltvorschriften und die Aushöhlung des öffentlichen Dienstes sowie eine Erhöhung der Militärausgaben.
Die Arbeiter in Kanada können sich Trump und allem, wofür er steht - Oligarchie, Diktatur und die Zerstörung der sozialen und demokratischen Rechte der Werktätigen - nur widersetzen, indem sie den Klassenkampf intensivieren und sich mit ihren Klassenbrüdern und -schwestern in den Vereinigten Staaten und Mexiko zusammenschließen.
Das größte Hindernis auf dem Weg zur kämpferischen Einheit der Arbeiterklasse sind die nationalistischen, prokapitalistischen Gewerkschaftsapparate. Die Gewerkschaften in Kanada und den USA haben sich hinter ihre jeweilige herrschende Klasse gestellt. Der Präsident der US-Automobilarbeitergewerkschaft United Auto Workers (UAW), Shawn Fain, reagierte auf Trumps ursprüngliche Anordnung zur Einführung der 25-prozentigen Zölle mit der Erklärung: „Die UAW unterstützt aggressive Zölle zum Schutz amerikanischer Industriearbeitsplätze als einen guten ersten Schritt, um die jahrzehntelange arbeitnehmerfeindliche Handelspolitik rückgängig zu machen.“
Kanadas Gewerkschaftsführer führen den Vorstoß für harte Vergeltungsmaßnahmen an, die letztlich die amerikanischen Arbeiter treffen werden. Die Führer des Gewerkschaftsdachverbandes Canadian Labour Congress (CLC), die systematisch Arbeiterkämpfe sabotieren und Streikbrecherverfügungen wie die gegen die Beschäftigten von Canada Post im vergangenen Dezember erlassenen Gesetze überwachen, sind plötzlich wahnsinnig „militant“, wenn die Interessen des kanadischen Imperialismus auf dem Spiel stehen. „Die Energie und die Ressourcen der USA müssen jetzt abgeschnitten werden: Keine Energie, keine kritischen Mineralien, kein Öl und Gas“, heißt es in einer jüngsten Erklärung des CLC.
Wie die World Socialist Web Site bereits letzten Monat dazu schrieb, müssen die Arbeiter dies nationalistischen Perpektiven ablehnen:
Sie sollten die verlogene Behauptung der Rivalen Trump und Trudeau, sie würden für „amerikanische“ oder „kanadische“ Arbeitsplätze kämpfen, mit Verachtung zurückweisen und mit einer Stimme erklären: „Dies ist nicht unser Krieg, und wir lassen uns nicht für ihn bezahlen.“
Sie müssen ihre Kräfte in einer vereinten Bewegung der nordamerikanischen Arbeiterklasse bündeln, und zwar durch den Aufbau von Aktionskomitees, die vom Gewerkschaftsapparat unabhängig und Teil der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees sind. Diese Komitees werden die Opposition gegen die Forderungen der herrschenden Klasse nach „Opfern“ in Form von massenhaftem Arbeitsplatzabbau, Zugeständnissen und der Aushöhlung von öffentlichen Diensten und Sozialprogrammen organisieren.
Der Widerstand gegen den Handelskrieg und seine ruinösen Auswirkungen auf die Arbeiterklasse muss von einem sozialistischen, internationalistischen Programm durchdrungen sein, dessen Kernpunkte die Ablehnung des imperialistischen Kriegs und des migrantenfeindlichen Chauvinismus sind.
Während sie neue Basisorganisationen die dem Klassenkampf tatsächlich gerecht werden, und für die Vereinigung ihrer Kämpfe in einer den ganzen Kontinent umfassenden Massenbewegung für Arbeitermacht und ein sozialistisches Nordamerika eintreten, müssen Arbeiter in den USA, Kanada und Mexiko zugleich ihren Klassenbrüdern und -schwestern in China, Europa und darüber hinaus die Hand reichen. Mehr denn je muss die Parole der Arbeiterklasse lauten: „Arbeiter aller Länder, vereinigt euch!“