Die Verdi-Spitze unterstützt das Kriegsprogramm

Baut im öffentlichen Dienst unabhängige Aktionskomitees auf!

Seit Wochen zeigen die Warnstreiks und Proteste im öffentlichen Dienst, was für eine große Wut und Kampfbereitschaft sich in der Arbeiterklasse aufstaut. Flughäfen, Kitas und Kliniken, Stadtreinigung und Müllabfuhr, Kultur, Nahverkehr und Verwaltung werden – teilweise mehrere Tage lang – bestreikt.

Es ist nicht nur grassierende Personalnot, schlechte Bezahlung und wachsender Arbeitsdruck, die Pflegekräfte, Müllmänner, Busfahrer, Erzieherinnen, Flughafenarbeiter und Wissenschaftler zu tausenden auf die Straße treibt. In wachsendem Maß ist es auch das gigantische Aufrüstungsprogramm, das CDU/CSU und SPD gerade in Berlin beschlossen haben.

Warnstreik im öffentlichen Dienst, Nürnberger Streikende fordern: "500 Mrd. für uns statt für Rüstung"

500 Milliarden für uns statt für Rüstung“ haben Nürnberger Pflegekräfte auf ein Schild geschrieben. Ein Frankfurter Tramfahrer fragte: „Warum hat man Geld nur für die Rüstung, nicht für uns?!“

Die Wut ist mehr als berechtigt. Die World Socialist Web Site und die Sozialistische Gleichheitspartei schlagen vor, die Warnstreiks zum Ausgangspunkt einer breiten Mobilisierung der ganzen Arbeiterklasse zu machen. Dafür ist der Aufbau von unabhängigen Aktionskomitees in allen Betrieben notwendig, die Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen in den anderen Betrieben, anderen Branchen und anderen Ländern aufnehmen, um den Kampf gegen Krieg und sozialen Kahlschlag gemeinsam zu führen.

Vor allem müssen solche Komitees, die aus einfachen Arbeiterinnen und Arbeitern bestehen, sich aus der lähmenden Kontrolle der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi befreien. Denn im Gegensatz zu der arbeitenden Bevölkerung, die keinen Krieg will, unterstützt Verdi voll und ganz den Kriegskurs und die Finanzpläne der kommenden Regierung.

Gerade befinden sich Verdi und der Beamtenbund dbb in der dritten Verhandlungsrunde über den neuen Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD). In Potsdam sitzen der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke und seine Stellvertreterin Christine Behle mit Karin Welge, der Vertreterin der Kommunen, und der Noch–Bundesinnenministerin Nancy Faeser hinter verschlossenen Türen zusammen. Alle vier sind langjährige Mitglieder der SPD.

Auch die Bundesvorsitzenden der SPD, Saskia Esken und Lars Klingbeil, die gerade dabei sind, in die neue Koalitionsregierung mit Friedrich Merz (CDU) einzutreten, sind (oder waren) Verdi-Mitglieder. Gemeinsam mit der Union haben sie das größte Aufrüstungsprogramm aller Zeiten beschlossen, das ein Sondervermögen über 500 Milliarden Euro an Krediten und weitere unbegrenzte Milliardensummen für die Bundeswehr vorsieht. An den Koalitionsverhandlungen nimmt auch Nancy Faeser parallel zu den Tarifverhandlungen teil.

Eins ist klar: Die massiven Kredite werden nur bedient und finanziert werden können, wenn die Angriffe auf die Beschäftigten im öffentlichen Dienst (und auf die Arbeiterklasse insgesamt) erheblich verschärft werden. Ein niedriger Lohnabschluss wie vor zwei Wochen bei der Post, der Reallohnsenkung vorsieht, ist da nur der Anfang.

Die Verdi-Spitze unterstützt das Kriegsprogramm. Ihre Rolle besteht darin, das Vorhaben zu verschleiern, propagandistisch aufzuarbeiten und letztlich gegen die Arbeiterklasse durchzusetzen.

Verdi-Chef Frank Werneke, Mai-Kundgebung des DGB auf dem Frankfurter Römerberg, 2023

In einem Interview zum „Sondervermögen“ auf der Verdi-Homepage verharmlost und rechtfertigt der Verdi-Vorsitzende FrankWerneke die Kriegskredite mit den Worten:

Das Schutzversprechen der USA gegenüber Europa ist wackelig geworden. Vor diesem Hintergrund sind Diskussionen über höhere Verteidigungsaufwendungen in Deutschland und Europa verständlich. Europa muss sich verteidigen können, die Bundeswehr muss einsatzfähig sein.

Das Infrastrukturprogramm über 500 Milliarden bezeichnet er als „echte Chance“. Werneke sagt: „Ein solches Sondervermögen ist eine echte Chance dafür, den Investitionsstau in unserem Land aufzulösen.“

Das ist reine Augenwischerei: Das „Sondervermögen“ ist keineswegs dafür bestimmt, den „Investitionsstau aufzulösen“, der sich in maroden Schulen, überlasteten Kliniken oder dem kaputtgesparten öffentlichen Personenverkehr manifestiert. Geschweige denn sollen damit die Löhne und Bedingungen im zivilen öffentlichen Dienst vernünftig angehoben werden.

Der Präzedenzfall für das „Sondervermögen“ sind die Autobahnbauten der 1930er Jahre, die Adolf Hitler im Hinblick auf den zweiten Weltkrieg vornahm. Auf vergleichbare Weise sollen heute die bewilligten Milliardensummen dazu dienen, Brücken und Straßen panzertauglich zu machen, die IT-Strukturen für die Kriegsführung mit Drohnen zu ertüchtigen oder die Bundeswehr und die Geheimdienste aufzurüsten. Das ist die Art von „Infrastruktur“, wie Union und SPD sie anstreben.

Die Gesellschaft muss „kriegstüchtig“ werden, hat der Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gefordert. Dazu wird auch die Wiedereinführung der Wehrpflicht gehören, und die Regierung wird auch vor der nuklearen Aufrüstung nicht Halt machen. Schon das gigantische Ausmaß des Programms verrät, dass es nicht auf Verteidigung abzielt, sondern auf die Vorbereitung von Krieg und Weltkrieg.

Was Verdi betrifft, so hat sie schon früher bewiesen, dass sie die Aufrüstung unterstützt und mit organisiert. Auf ihrem Bundeskongress 2023 hat die Gewerkschaft den Schulterschluss mit der Kriegspolitik der Regierung geübt und sich in ihrem Leitantrag hinter die Eskalation des Ukrainekriegs und die Aufrüstung gestellt.

Schon im Juli 2022, kurz nach Ausbruch des Ukrainekriegs, nahm Frank Werneke an der Konzertierten Aktion von Bundeskanzler Olaf Scholz teil, die der Wirtschaft zusicherte, dass die Löhne trotz Inflation niedrig bleiben. Die Folge war der Tarifabschluss 2023 im öffentlichen Dienst, der Reallohnsenkungen und Arbeitsplatzabbau vorsah. Heute sind eine halbe Millionen Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst nicht besetzt.

In den Betrieben verhält sich Verdi nicht anders als die IG Metall, die in Görlitz die Umwandlung der Waggonfabrik in eine Panzerschmiede aktiv unterstützt. Am Flughafen, wo Verdi als Hausgewerkschaft von Fraport und Lufthansa fungiert, hat sie seit Jahren die Konvertierung der Lufthansa Technik zum Dienstleister der Luftwaffe mitgetragen.

Diese Umorientierung der ganzen Gesellschaft auf Krieg ist der tiefere Grund dafür, dass sich die öffentlichen Arbeitgeber von Bund und Kommunen seit Monaten im Tarifkampf schlicht weigern, überhaupt ein Angebot zu machen. Schon vor den Wahlen waren überall Einsparungen in Milliardenhöhe geplant. Die Forderungen „passen überhaupt nicht in diese Zeit“, erklärte Karin Welge, die Gelsenkirchener Oberbürgermeisterin, die für den Verband der Kommunalen Arbeitgeber (VKA) verhandelt.

Die Verdi–Forderungen sind schon seit Oktober 2024 bekannt: Offiziell fordert Verdi acht Prozent mehr Lohn, mindestens aber 350 Euro mehr im Monat, höhere Zuschläge für besonders belastende Tätigkeiten, drei freie Tage mehr im Jahr und für Azubis und Praktikanten 200 Euro mehr monatlich – alles dringend benötigte Verbesserungen, obwohl sie, wenn sie denn kämen, nur ein Tropfen auf den heißen Stein wären.

Aber solange der Tarifkampf Verdi überlassen bleibt, werden sie nicht kommen. Verdi wird den Kampf ausverkaufen und alles in ihrer Macht Stehende tun, um einen unbefristeten Erzwingungsstreik zu verhindern. Und das heißt, dass die große Bedrohung weiter wächst: die Bedrohung durch Krieg, die Bedrohung unserer migrantischen Kolleginnen und Kollegen durch Ausgrenzung und Abschiebung und auch die Bedrohung durch soziale Verelendung und Zerstörung des gesamten gesellschaftlichen Lebens. Dies betrifft sehr direkt den öffentlichen Dienst, die staatlichen Schulen, das Gesundheits- und Bildungswesen, die Eisenbahn, die Versorgung und Erschließung der Städte, den Wohnungsbau, die Umwelt, und die Wissenschaft.

Vom Tarifabschluss TVöD sind rund 2,6 Millionen Beschäftigte abhängig, und er wirkt sich auf weitere 370.000 Bundesbeschäftigte und fast 600.000 Versorgungsempfänger aus. Die Warnstreiks haben das große Potential und die Kampfbereitschaft in praktisch allen Betrieben gezeigt, aber Verdi führt die Warnstreiks nur, um einen unbefristeten Erzwingungsstreik zu verhindern: Die Warnstreiks dienen dazu, den Druck wie in einem Ventilsystem auszutarieren und „Dampf abzulassen“, um eine Explosion zu verhindern.

Das Potential der Arbeiterklasse kann nur wirksam werden, wenn Arbeiterinnen und Arbeiter den Kampf aus den Händen der Dienstleistungsgewerkschaft nehmen. Das ist der Sinn der Aktionskomitees. Diese Aktionskomitees gehen von zwei Prinzipien aus:

  • Erstens müssen die Bedürfnisse der Arbeiterinnen und Arbeiter und ihrer Familien höher stehen als die Profitinteressen der Heuschrecken an den Börsen und ihrer Lakaien, der Regierungspolitiker und Gewerkschaftsfunktionäre.
  • Und zweitens ist der Kampf ein internationaler Kampf: Die Verbündeten der Angestellten sind nicht die hochbezahlten Verdi–Funktionäre, schon gar nicht die Bundesregierung oder die kommunalen Bürgermeister, Senatoren und Magistrate. Die Verbündeten sind die internationalen Kolleginnen und Kollegen, die europaweit und weltweit den öffentlichen Dienst am Laufen halten.

Sie stehen genauso unter Druck wie hier. Auch in Frankreich, Großbritannien, Österreich und den andern europäischen Staaten kämpfen die Beschäftigten im öffentlichen Dienst gegen die Spar- und Kriegshaushalte der Regierungen, die sich alle auf Krieg vorbereiten.

Das krasseste Beispiel ist derzeit die Lage in den Vereinigten Staaten, wo heute tausende unsrer Kolleginnen und Kollegen in den Bundesbetrieben, dem Gesundheitswesen, den Schulen etc. ihre Arbeitsplätze und Lebensgrundlage verlieren. Die gesamte arbeitende Bevölkerung steht unter dem Angriff von Trumps Minister für „Regierungseffizienz“, des Multimilliardärs und Faschisten Elon Musk, der den US-Bundeshaushalt um sagenhafte zwei Billionen Dollar kürzen will.

Die World Socialist Web Site und die Sozialistischen Gleichheitsparteien rufen die Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst überall dazu auf, den Angriffen auf ihre Bedingungen, Löhne und Arbeitsplätze entgegenzutreten, sich zusammenzuschließen und Kontakt untereinander aufzunehmen, um Massenaktionen bis hin zum Generalstreik vorzubereiten. Dies muss unabhängig von den Gewerkschaften wie Verdi geschehen, die einer sozialistischen und internationalistischen Perspektive zutiefst feindlich gegenüberstehen.

Schließt euch dem Kampf für Aktionskomitees an. Meldet euch per Whatsapp-Nachricht an die Mobilnummer +49 163-3378 340 oder registriert euch gleich hier über das folgende Formular.