Stellantis greift auch bei Opel Arbeitsplätze und tarifliche Sozialleistungen an

Die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) veranstaltet am Sonntag, den 25. August, um 21.00 Uhr MEZ eine Versammlung, „Für globale Aktionen zur Verteidigung von Arbeitsplätzen bei Warren Truck und auf der ganzen Welt!“ Hier geht es zur Anmeldung.

Der Stellantis-Konzern greift auch in seinen europäischen Opel-Werken die Arbeitsplätze und tarifliche Sozialleistungen an. Betriebsräte und IG Metall-Funktionäre haben bislang jeden unabhängigen Kampf der Belegschaft verhindert.

In den USA hat Stellantis in seinem Werk in Warren bei Detroit Massenentlassungen angekündigt: Die Pickup-Produktion soll stillgelegt und 2.450 Kolleginnen und Kollegen sollen entlassen werden. Auch bei Fiat in Italien sind 12.000 Entlassungen angekündigt, was die Vernichtung weiterer 13.000 Arbeitsplätze in der Zulieferindustrie nach sich zieht. In Aspern bei Wien ist ein Opel-Werk mit einst fast 2.000 Arbeitsplätzen gerade geschlossen worden.

Das Netzwerk der Autoarbeiter-Aktionskomitees hat das Montagewerk Warren zum „entscheidenden Kampfplatz im globalen Krieg um die Arbeitsplätze“ erklärt. Es ruft alle Autoarbeiter weltweit auf, daran teilzunehmen. Denn in der globalisierten Produktion sind die Verbündeten der Autoarbeiter nicht die Gewerkschaftsführer und das nationale Management, sondern die Kolleginnen und Kollegen auf der ganzen Welt!

Opel-Werk in Rüsselsheim

Am 20. August verteilte ein Team der World Socialist Web Site während des Schichtwechsels bei Opel in Rüsselsheim den Aufruf „Stoppt die Massenentlassungen bei Warren Truck“ und sprach mit zahlreichen Produktionsarbeitern.

Auch die deutschen Opel-Werke spüren den gnadenlosen Sparkurs des Stellantis-Managements. In Eisenach, dem früheren Wartburg-Werk zu DDR-Zeiten, wechseln sich Perioden erschöpfender Schichtarbeit mit wochenlanger Kurzarbeit, in denen das Einkommen empfindlich sinkt. In Kaiserslautern wird eine geplante Batteriezellenfabrik vorläufig nicht gebaut, weil angeblich die Nachfrage nach Elektroautos zu gering sei.

Im Opel–Stammwerk in Rüsselsheim sind von einstmals über 40.000 Beschäftigten heute insgesamt keine 9.000 mehr übrig, und weitere Arbeitsplätze sind in der Produktion und in der Technik in Gefahr. In diesem Jahr sollen erneut 1.000 Stellen gestrichen werden. Auch das Internationale Technische Entwicklungszentrum (ITEZ) in Rüsselsheim schrumpft weiter, nachdem schon ein großer Teil an den französischen Dienstleister Segula verkauft wurde. Gerade wird die CAD-Technik mit 100 Beschäftigten geschlossen.

Fast alle Arbeiter, die beim Schichtwechsel stehen blieben, um sich über ihre amerikanischen Kollegen zu informieren, bestätigten dem WSWS-Team, dass die Stimmung im Werk „angespannt“ oder „schlecht“ sei. Immer wieder müsse auch samstags gearbeitet werden. Von etwa 2.500 Arbeiterinnen und Arbeiter, die hier den Astra bauen, sind rund 40 Prozent Leiharbeiter, die jederzeit entlassen werden können.

Am Schichtwechsel bei Opel–Rüsselsheim

„Es geht immer nur bergab“, sagte ein Kollege, der seit über 15 Jahren im Werk arbeitet, „so habe ich das hier in letzter Zeit erlebt. Wir bauen jetzt den Astra, aber die Produktion wird immer mehr auf Leiharbeiter abgewälzt. Vom Betriebsrat werden wir nicht ausreichend informiert“, fuhr er fort. Man habe den Eindruck, „dass die Betriebsräte sich zuerst um sich selbst kümmern“.

Das bestätigten viele weitere Kollegen, mit denen wir sprachen. „Die Betriebsräte sagen uns gar nichts, obwohl sie viel wissen“, sagte ein älterer Arbeiter, der seit 34 Jahren bei Opel am Band arbeitet. „Sie tanzen nach der Pfeife der Chefs, von denen sie bezahlt werden.“

Diese Aussagen berühren den wunden Punkt: Die Gewerkschaftsfunktionäre, die sich als „Arbeitnehmervertreter“ aufspielen, setzen als aktive Partner des Managements die Konzernpläne im Werk durch. Die IG Metall sorgt seit Jahren dafür, dass kein Widerstand entsteht.

Sie organisierte vor Jahren schon die Abwicklung der Opel-Werke in Bochum und Antwerpen. Später spielte sie im Jahr 2017 eine unverzichtbare Rolle bei der Übernahme durch den Peugeot-Konzern PSA, sowie im Jahr 2021 bei der Großfusion mit Fiat-Chrysler, aus der Stellantis entstand. Mit ihrem Netz von Betriebsräten und Vertrauensleuten und ihren immer neuen „Zukunftstarifverträgen“ ist es der IG Metall bisher gelungen, Widerstand im Keim zu ersticken.

Der Rüsselsheimer Opel-Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug, der auch den europäischen Betriebsrat leitet, wird dafür fürstlich bezahlt (genaue Zahlen werden nicht veröffentlicht). Seit sieben Jahren arbeitet er eng mit Carlos Tavares, dem Stellantis-Chef zusammen. Dies, obwohl der Konzern sein Headquarter in den Niederlanden hat und keinen deutschen Regeln unterliegt. Somit sitzen auch keine IGM–Gewerkschaftsführer als „Arbeitnehmervertreter“ im Aufsichtsrat.

Bei der Gründung des Stellantis-Konzerns vor über drei Jahren versprachen Tavares und Schäfer-Klug, jede Umstrukturierung werde „ohne Werksschließungen und ohne betriebsbedingte Kündigungen“ ablaufen. Seither wurden von über 281.000 Arbeitsplätzen weltweit schon 23.000 abgebaut. Heute hat der Weltkonzern nach offiziellen Angaben noch rund 258.000 Beschäftigte.

In der gleichen Zeit ist die sogenannte „Wertschöpfung“ stark angestiegen, und im letzten Jahr wies Stellantis einen Rekordgewinn von 18 Milliarden Euro aus. Betrug der Umsatz pro Mitarbeiter im Jahr 2021 noch 0,53 Millionen Euro, ist diese Zahl 2023 auf 0,73 Millionen gestiegen.

CEO Carlos Tavares kassiert dabei persönlich unglaubliche Summen. Für das Jahr 2022 wurde seine Vergütung auf rund 23,5 Millionen Euro festgesetzt, was ein erheblicher Zuwachs gegenüber dem Vorjahr war, als er 19,2 Millionen Euro kassierte. Einem französischen Bericht zufolge kletterte seine Vergütung für das Jahr 2023 sogar auf 36,5 Millionen Euro!

Ebenfalls gigantische Gehälter kassieren John Elkann, der Agnelli-Erbe und heutige Vorsitzende des Aufsichtsrats, und andere Kapitalisten wie Robert Peugeot, aber auch ein gewisser Jacques de Saint-Exupéry, langjähriger Angehöriger des PSA–Managements, der im Aufsichtsrat die Funktion des „Arbeitnehmervertreters“ einnimmt.

Im Aufruf der Aktionskomitees heißt es: „Bis hierher und nicht weiter!“ Denn das Recht der Beschäftigten auf Arbeit und einen angemessenen Lebensstandard muss höher stehen als die Profite der Manager und Aktionäre. Dies fand in Rüsselheim die Zustimmung mehrerer Kollegen, vor allem wenn sie auf das Schicksal der vielen Leiharbeiter zu sprechen kamen.

Am Schichtwechsel bei Opel–Rüsselsheim

„Es sieht nicht gut aus“, sagte Dolan dazu. „Die Leiharbeiter, die im letzten Jahr übernommen worden sind, stehen jetzt wahrscheinlich wieder vor dem Nichts.“ Er selbst war 17 Monate lang als Leiharbeiter im Werk, ehe er im Juli 2023 übernommen wurde – allerdings nur mit einem 18-Monats-Vertrag. Gerade werden wieder Produktionsarbeiter abgebaut.

Die IG Metall hatte die Übernahme der Leiharbeiter letztes Jahr in rosigen Farben geschildert und sich damit gebrüstet. Im Ganzen wurden letztes Jahr aber nur 50 Leiharbeiter fest eingestellt. Weitere 100 wurden, wie Dolan, mit befristeten Verträgen abgespeist, zu denen im Frühjahr noch einmal 125 hinzukamen. Seither sollen wieder 300 Leiharbeiter entlassen werden.

„Wenn ich jetzt nicht in den nächsten zwei Monaten einen Festvertrag erhalte, dann muss ich mich arbeitslos melden, dann stehe ich Ende Januar wieder auf der Straße,“ sagte Dolan. „Es ist furchtbar, furchtbar.“ Er schilderte den mentalen Druck und die Anspannung aller Beteiligten, besonders der jungen Arbeiter, die Familien mit Kindern haben. Opel schaffe damit im ganzen Werk eine unsichere Stimmung.

Jamal, ein weiterer Opel-Arbeiter, ist seit 35 Jahren im Betrieb. Wie er sagte, ist sein Lohn heute geringer als am Anfang, als er die Arbeit aufnahm. „Heute ist es nicht einmal sicher, ob der Standort hier erhalten bleibt,“ sagte Jamal. Er stimmte zu, dass dies auch die Bilanz der IG Metall sei, die hier seit Jahren eine wichtige Rolle spiele. Er sagte: „Du hast recht, dass sich die Arbeiter selbständig und international organisieren müssen.“

Alle Opel-Beschäftigten und andere Autoarbeiterinnen und -arbeiter sind eingeladen, an der Online-Versammlung der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) teilzunehmen! Meldet euch an und beteiligt euch am Sonntag, dem 25. August, um 21.00 Uhr MEZ an der Versammlung: „Für globale Aktionen zur Verteidigung von Arbeitsplätzen bei Warren Truck und auf der ganzen Welt!“ Hier geht es zur Anmeldung. Oder registriert euch auf dem untenstehenden Formular für den Aufbau eines unabhängigen Aktionskomitees!

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