Feuersbrunst in Los Angeles zerstört Archiv des Komponisten Arnold Schönberg

Durch die Feuersbrunst in Pacific Palisades sind mehr als 100.000 Partituren sowie das gesamte musikalische und persönliche Archiv des Komponisten aus dem 20. Jahrhundert, Arnold Schönberg (1874–1951), vernichtet worden.

Das Feuer zerstörte das Haus Larry Schönbergs, des 83-jährigen Sohns des Komponisten, sowie ein weiteres Gebäude, in dem das Schönberg-Archiv untergebracht war. Der Verlag Belmont Music Publishers hatte die Werke des Komponisten herausgegeben, und dessen gesamter Bestand an Partituren und Druckwerken, auch Manuskripte, Korrespondenz und andere Erinnerungsstücke, sind in Flammen aufgegangen.

Arnold Schönberg in Los Angeles, Ende der 1940er Jahre [Photo: Florence Homolka]

Schönberg, der Komponist spätromantischer Werke wie „Verklärte Nacht“ (1899) und „Gurrelieder“ (1900–1903), später der Entwickler und Verfechter der Zwölftontechnik, wurde 1874 in Wien geboren. Nach Hitlers Machtergreifung kam er in die Vereinigten Staaten und ließ sich in Südkalifornien nieder, wo er auch starb.

Belmont Music Publishers, gegründet 1965, hat öffentlich angekündigt, digitale Versionen sämtlicher Werke des Komponisten zu erstellen. In einer Pressemitteilung bezeichnete der Verlag den Verlust als „nicht nur eine physische Zerstörung von Eigentum, sondern einen tiefgreifenden kulturellen Schlag“.

„Obwohl wir unser vollständiges Sortiment an Verkaufs- und Mietmaterialien verloren haben, sind wir entschlossen, unsere Mission, Schönbergs Musik in die Welt zu tragen, fortzusetzen“, heißt es in der Erklärung. „Wir hoffen, unseren Katalog in einem neuen, digitalen Format wieder aufzubauen und damit sicherzustellen, dass Schönbergs Musik auch für zukünftige Generationen zugänglich bleibt. Wir halten Sie über diese Website über unseren Fortschritt auf dem Laufenden.“

Weiter schrieb der Verlag, dass seine Pläne, die komplette Sammlung zu digitalisieren, „Wissenschaftlern, Künstlern und Musikbegeisterten einen Zugang über Online-Plattformen bieten werden. Diese Umstellung auf digitale Verbreitung wird nicht nur dazu beitragen, den Katalog für zukünftige Generationen zu erhalten, sondern auch dafür sorgen, dass Schönbergs bahnbrechende Musik weiterhin weltweit Musiker inspirieren und herausfordern wird.“

Arnold Schönberg, Egon Schiele, 1917

Die Originalpartituren sind derweil in Sicherheit im Arnold Schönberg Center in Wien, seitdem die Universität von Südkalifornien sie vor fast 30 Jahren dorthin brachte. Belmonts Verluste könnten jedoch für Musikensembles zu Schwierigkeiten oder Verzögerungen führen, wenn sie in den kommenden Monaten Schönbergs Musik aufführen wollen. Bisher konnten sie sich darauf verlassen, Partituren und andere Materialien vom Verlag zu erhalten. Weiter ist der Verlust von Korrespondenzen, Manuskripten und anderen Erinnerungsstücken sehr schmerzlich, da sie für Wissenschaftler und die Öffentlichkeit, die sich für das Leben und Werk Schönbergs interessieren, von großem Nutzen wären.

Zu Recht sagte Leon Botstein, der bekannte Präsident des Bard College und auch Musikdirektor des American Symphony Orchestra (ASO), der New York Times: „Es ist eine Katastrophe. Das war eine unverzichtbare Ressource.“ Das ASO konnte sich bezüglich der Noten auf Belmont Publishers verlassen, als es letztes Jahr Schönbergs „Gurrelieder“ in der Carnegie Hall zur Aufführung brachte. „Sie waren die Leihgeber, sie waren diejenigen, die einem aushalfen“, fügte Botstein hinzu.

Schönberg war ein brillanter Musiker und eine komplexe und widersprüchliche Persönlichkeit mit breit gefächerten Interessen, und er hatte einen sehr großen Kreis an Schülern, Freunden und Bekannten. Er widmete sich auch der Malerei und war mit Künstlern wie Oskar Kokoschka und Wassily Kandinsky bekannt. Dem letzteren stand er eine Zeit lang sehr nahe. Damals und auch später führte Schönberg einen ausgedehnten und lebhaften Briefwechsel, und durch die Kraft seiner Ideen konnte er viele beeinflussen.

In seiner Zurückweisung der musikalischen Tonalität, die etwa um 1908 begann, spiegelten sich zum Teil auch die wachsenden sozialen und politischen Spannungen des frühen 20. Jahrhunderts wider, die nur wenige Jahre später im Ersten Weltkrieg zum Ausbruch kamen. Zu Schönbergs bekanntesten Werken aus dieser Zeit gehören „Erwartung“ (1909) und „Pierrot Lunaire“ (1912).

Arnold Schönberg, Man Ray, 1927 [Photo by Arnold Schönberg Center / CC BY 2.0]

Nach dem Krieg entwickelte Schönberg die Zwölftontechnik, bei der alle zwölf Töne der Tonleiter mehr oder weniger gleichwertig sind. Diese Methode war für die Zuhörer bekanntermaßen schwierig und hat nie ein breites Publikum gefunden. Schönberg beeinflusste jedoch viele andere, darunter seine Schüler Anton Webern und Alban Berg. Berg modifizierte das System ein wenig und fand ein breiteres Publikum für Werke wie „Wozzeck“ (1924), „Lyrische Suite“ (1924–26) und „Lulu“ (1935).

Ab den 1930er Jahren spielte Schönberg in der Region um Los Angeles eine sehr aktive Rolle in der Emigrantengemeinschaft, die Zuflucht vor dem Nationalsozialismus suchte. Er verkehrte mit Erich Korngold, Bruno Walter, Alma Mahler und anderen. Er freundete sich mit vielen an, darunter dem amerikanischen Komponisten George Gershwin, der sein Nachbar war, und dem Schauspieler Charlie Chaplin. Zu den Gästen, die er zum Abendessen einlud, gehörten Harpo Marx und der Schauspieler Peter Lorre. Ein Freund in diesen Emigrantenkreisen war zu dieser Zeit auch Hanns Eisler, ein weiterer seiner Schüler. Eisler hatte sich zwar demonstrativ gegen Schönbergs Lehren ausgesprochen, aber er erkannte dennoch an, was er ihm als Lehrer verdankte.

In dieser Zeit wurde Schönberg auch in der Frage der Zwölftonkomposition, auf der er bis dahin dogmatisch beharrt hatte, etwas nachgiebiger. Er komponierte und unterrichtete nach wie vor, und in einigen seiner Werke aus dieser Zeit kehrte er zur Tonalität zurück. Seine durchaus richtigen Vorstellungen von der Natur des kreativen Prozesses kommen in seiner bekannten Hommage an Gershwin zum Ausdruck, die er nach dessen frühem Tod im Jahr 1937 schrieb und auf die die WSWS im Jahr von Gershiwins 100. Geburtstag verwies.

Die Zerstörung von Schönbergs Archiv macht deutlich, welche enormen Auswirkungen dieses Feuerinferno wirklich hat. Es ist die jüngste und größte Katastrophe, die der von Menschen verursachte Klimawandel hervorgebracht hat. Die Widersprüche des Kapitalismus – die Anarchie der Produktion und der Konflikt zwischen der Weltwirtschaft und dem Nationalstaatensystem – bringen nicht nur Krieg und Diktatur hervor, sondern gefährden die gesamte menschliche Kultur.

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