Sämtliche Großmächte Europas forcieren ein fieberhaftes Programm zur militärischen Aufrüstung.
Von der Europäischen Union werden 800 Milliarden Euro bereitgestellt. Deutschland hat Hunderte von zusätzlichen Milliarden für Verteidigungsausgaben angekündigt, noch bevor die neue CDU-geführte Regierung von Friedrich Merz ihr Amt antritt.
Frankreich plant, seine jährlichen Militärausgaben zu verdoppeln, wobei Präsident Macron ein Ziel von 5 Prozent des BIP vorschlägt. Er hat sich bereit erklärt, die europäischen Verbündeten unter Frankreichs nuklearen Schutzschirm zu nehmen.
Die Labour-Regierung unter Keir Starmer in Großbritannien schlägt vor, britische Bodentruppen und Militärflugzeuge im Rahmen einer „Koalition der Willigen“ in der Ukraine einzusetzen. Dieses Bündnis soll Frankreich und andere Mächte umfassen.
Alle politischen Parteien und die wichtigsten Nachrichtenmedien verbreiten Lügen, um diese Explosion des Militarismus zu rechtfertigen. Sie behaupten, es sei moralisch geboten, die ukrainische Demokratie und den gesamten Kontinent vor aggressiven Akten Russlands und, was noch absurder ist, einer russischen Invasion zu verteidigen.
In einer im Fernsehen übertragenen Ansprache an die Nation erklärte Macron, dass „der Frieden auf unserem eigenen Kontinent nicht mehr garantiert werden kann. ... Russland ist eine Bedrohung für Frankreich und Europa geworden und wird es auch bleiben.“
Das wirkliche Motiv der europäischen Mächte ergibt sich aus der Erkenntnis, dass sie durch Trumps „America First“-Außenpolitik, seine allein geführten Gespräche mit Russland und seine Forderungen nach einem exklusiven Zugang zu den Ressourcen der Ukraine von der Kriegsbeute der Nato ausgeschlossen werden.
Der Konflikt in der Ukraine wurde durch eine gemeinsame europäisch-amerikanische Kampagne zur Destabilisierung vorbereitet. Diese zielte darauf ab, das Land in die Fänge der Nato und der Europäischen Union zu treiben und einen Regimewechsel in Moskau herbeizuführen, der Russlands enorme Ressourcen für den Weltimperialismus zugänglich machen würde.
Die Regierung Putin konnte als Vertreter der kapitalistischen Oligarchie Russlands auf diese Bedrohung nicht anders reagieren als mit einer reaktionären Invasion in der Ukraine, wie es die Nato-Mächte vorausgesehen hatten.
Hätte sich Trump in seinen Gesprächen mit Putin darauf eingelassen, die Interessen der europäischen Mächte zu wahren, hätten sich Berlin, Paris und London um ein Entgegenkommen gegenüber Washington bemüht, wie die ständigen Annäherungsversuche von Starmer und Macron an den Faschisten im Weißen Haus zeigen.
Inmitten der Flutwelle der Heuchelei, die zur Rechtfertigung der Aufrüstung entfesselt wird, bemüht sich Europa verzweifelt um eine Wiederbelebung des „Memorandum of Understanding between the European Union and Ukraine on a Strategic Partnership on Raw Materials“ („Vereinbarung zwischen der EU und der Ukraine über eine strategische Rohstoffpartnerschaft“) vom Juli 2021. Damit soll eine Grundlage für die weitere Unterstützung des rechten Regimes von Selenskyj geschaffen werden.
Dieses Memorandum wurde letzten Monat von Stéphane Séjourné, EU-Kommissar für Industriestrategie, als Teil einer „Win-Win-Partnerschaft“ bezeichnet, um die „21 der 30 kritischen Rohstoffe, die Europa braucht“, verfügbar zu machen. In der Tat ist Europa in weitaus stärkerem Maße von der Beschlagnahmung der strategisch wichtigen Rohstoffe der Ukraine abhängig als die Vereinigten Staaten und stützt sich gegenwärtig bei seiner Versorgung fast ausschließlich auf China.
Ein „Diplomat eines großen europäischen Landes“, der zuletzt anonym mit der BBC sprach, erkannte diese sehr realen Interessen im Interview an. Zu Trumps Absicht, die Militärhilfen für die Ukraine zu beenden, erklärte er: „Das ist sicherlich ein Weg, wie man unsere Gedanken – und unsere Brieftaschen – auf das Wesentliche fokussieren kann! Donald Trump tut uns einen Gefallen, wenn wir bereit sind, das so auch zu sehen.“
Die damit verbundenen Gefahren für die europäische und internationale Arbeiterklasse sind unermesslich. Die Stationierung europäischer Bodentruppen und Flugzeuge in der Ukraine, gar die Ausdehnung des französischen nuklearen Schutzschirms auf Deutschland und andere Verbündete, sind die wahre Quelle der Kriegsgefahr in Europa.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow kommentierte Macrons Säbelrasseln: „Wenn er uns als Bedrohung ansieht, ein Treffen der Generalstabschefs der europäischen Länder und Großbritanniens einberuft, außerdem erklärt, dass es notwendig sei, Atomwaffen einzusetzen, sich darauf vorbereitet, Atomwaffen gegen Russland einzusetzen, dann ist das natürlich eine Bedrohung.“
Wenn die europäischen Mächte vom Ende der „regelbasierten Weltordnung“ sprechen und Trump dafür verantwortlich machen, heißt das, dass sie sich darauf vorbereiten, zur Durchsetzung ihrer eigenen imperialistischen Interessen selbst wieder zur Waffe zu greifen. Dabei sind sie sich durchaus bewusst, dass dies einen Konflikt nicht nur mit Russland, sondern auch mit dem amerikanischen Imperialismus bedeutet.
Deutschland, das bei der Aufrüstung an erster Stelle steht, hat im 20. Jahrhundert zwei Kriege gegen die USA geführt. Frankreich hat nie akzeptiert, dass es sich den USA im Rahmen der Nato unterordnen sollte, und beharrte darauf, dass seine nuklearen Fähigkeiten, sein Militär und seine Geheimdienste unabhängig bleiben. Großbritannien sträubte sich dagegen. Bedeutende Teile der herrschenden Elite in Großbritannien haben Amerika nie verziehen, dass sie von Washington nach der Suezkrise 1956 dessen Diktat unterworfen wurden.
Das Ausmaß der europäischen Pläne wird an den enormen Summen deutlich, die für militärische Zwecke bereitgestellt werden und weit über das hinausgehen, was für die angeblichen Bemühungen um eine mögliche Friedensregelung in der Ukraine erforderlich ist. Im Gespräch ist ein Krieg gegen Russland aus eigener Kraft.
Auch wenn diese Agenda zunächst einen vereinigenden Impuls liefern mag, wird deren Umsetzung notgedrungen den Wettbewerb und die Konflikte zwischen den europäischen Mächten selbst verschärfen.
Die brennende Frage, die sich Millionen von Arbeitern und jungen Menschen akut stellt, besteht darin, wie man diesen wahnsinnige Kurs in Richtung Katastrophe stoppen kann. Zu glauben, dass man sich dabei auf eine der europäischen Oppositionsparteien, ob rechts oder nominell links, oder auf die Gewerkschaften stützen könnte, wäre ein gefährlicher Irrweg
In den Vereinigten Staaten besteht die einzige substanzielle Meinungsverschiedenheit zwischen der Demokratischen Partei und Trump darin, dass die Demokraten den Stellvertreterkrieg in der Ukraine fortsetzen wollen und Trumps Schwächung der Nato ablehnen. Genauso unterstützen sämtliche größeren Parteien in Europa eine verstärkte Aggression gegen Russland und das Streben nach militärischer Unabhängigkeit von den Vereinigten Staaten. Es handelt sich um ein strategisches Ziel, dass sowohl die Labour Party unter Keir Starmer als auch Präsident Macron und jede wie auch immer geartete Koalitionsregierung in Deutschland anstrebt.
Die einzige Sorge der europäischen Gewerkschaften besteht darin, wie sie ihre jeweils eigene herrschende Klasse in Europas eskalierendem wirtschaftlichen und militärischen Krieg am besten unterstützen können. Diese Unterstützung umfasst auch protektionistische Maßnahmen gegen die USA und China und die rasche Expansion der nationalen Rüstungsindustrien.
Arbeiter und junge Menschen müssen mit ihrem eigenen Ruf zu den Waffen antworten, und ihr Schlachtruf muss lauten: Krieg dem Krieg!
Ein solcher Kampf muss auf dem Verständnis basieren, dass das, was gegenwärtig im Gange ist, eine enorme Tragweite hat. Alle Behauptungen, der Krieg in Europa gehöre der Vergangenheit an und sei eine Sache des 20. Jahrhunderts, haben sich als Betrug erwiesen. Der europäische Militarismus, der zum erloschenen Vulkan erklärt wurde, bricht erneut aus und droht mit Katastrophen, die noch größer sind als die, die in den beiden Weltkriegen zig Millionen Menschenleben gefordert haben.
Das Programm des Krieges ist völlig unvereinbar mit Herrschaftsformen, die auch nur dem Namen nach demokratisch sind. Die herrschenden Eliten wenden sich erneut einem Programm des Faschismus und der Diktatur zu, um eine Kriegspolitik durchzusetzen, die von der breiten Masse der Bevölkerung abgelehnt wird.
Die enormen Summen, die für Waffen ausgegeben werden, bedeuten, dass ein Angriff auf die Arbeiterklasse bevorsteht, der tiefgreifender ist als irgendein anderer in den letzten 80 Jahren. Unter Bedingungen, in denen Streiks, Arbeitskämpfe und Proteste schon jetzt zunehmen, wird dies zu massiven Kämpfen der Arbeiterklasse führen.
Der Kampf gegen die Kürzungspolitik muss mit dem Kampf gegen den Krieg verbunden werden. Erfolg können beide nur dann haben, wenn sie mit einem Frontalangriff auf die herrschende Oligarchie einhergehen, deren räuberische Interessen das Programm des Kriegs im Ausland und des Klassenkriegs im Inland diktieren.
Seit Jahrzehnten schlägt das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) Alarm und warnt davor, dass eine neue Periode des imperialistischen Krieges im Gange ist. Diese Warnungen haben sich als völlig richtig erwiesen. Sie müssen jetzt in Handlungen verwandelt werden. Das heißt, eine vereinigte Bewegung der Arbeiterklasse in ganz Europa und international aufzubauen, die sich auf das sozialistische und revolutionäre Programm stützt. Es ist der einzige Weg, den Krieg und seinen Ursprung, den Kapitalismus selbst, zu beenden.