Im Schulbezirk Charlotte-Mecklenburg haben mehr als 30.000 Schüler an einer Sickout-Aktion teilgenommen. Aus Protest gegen die polizeistaatlichen Razzien der Trump-Regierung meldeten sie sich am 17. November krank. Der Ausstand, an dem sich 20 Prozent aller Schüler des Bezirks beteiligten, war eine deutliche Absage an die anhaltenden Razzien im Gestapo-Stil in Charlotte, der größten Stadt North Carolinas.
Die ganze Woche über kam es zu Protesten, und Hunderte beteiligten sich auch am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag an den Schulstreiks an der East Mecklenburg High School, der Philip O. Berry Academy, der Ballantyne Ridge High School und der Northwest School of the Arts. Tausende Schüler demonstrierten mit selbstgemalten Schildern, auf denen sie die Rechte von Einwanderern verteidigten und die Razzien verurteilten. Von den über 147.000 Schülern im Bezirk sind etwa 44.000 hispanischer Herkunft.
Bis zum Ende der Woche verweigerten mehr als 56.000 Schüler den Unterricht, was die Proteste in Charlotte zu einer der größten Demonstrationen gegen Trumps Einwanderungsmaßnahmen im ganzen Land macht.
„Wir haben eine wirklich dramatische Veränderung bemerkt, und die Razzien der ICE sind in unserer Gemeinde immer schlimmer geworden“, sagte Chase Jordan-Fancher, ein Oberstufenschüler und einer der Organisatoren des Streiks an seiner Schule. „Nachdem wir gesehen hatten, dass mehrere andere Schulen Proteste gestartet hatten, wollten wir das Gleiche tun.“

Ein wachsender Teil der Bevölkerung solidarisierte sich mit diesen Schülern. Die Einwohner von Charlotte haben sich mittlerweile in Chatgruppen und in den sozialen Medien organisiert, um über die Razzien der Bundesbehörden zu informieren und Widerstand zu leisten. Sie tauschen Berichte darüber aus, wo gerade Grenzschutzbeamte und ICE-Agenten auftauchen: Das betrifft Schulen, Wohnhäuser und sogar den Einzelhandel, zum Beispiel die Charlotte Premium Outlets, wo ein schwer bewaffneter und getarnter Beamter gesichtet wurde. „Es ist absolut widerlich, sich in eine solche Einrichtung zu stellen, in der sich Familien, Arbeitende und Kinder aufhalten“, schrieb ein Anwohner.
Wie schon in Chicago und Los Angeles haben auch hier viele Einwohner, die selbst keine Razzien zu befürchten haben, ihre Nachbarn mit Migrationshintergrund verteidigt. Am Mittwoch versammelten sich mehr als 100 Menschen in einem Baumarkt, um den Bundesbeamten entgegenzutreten, die versuchten, Tagelöhner zu entführen. Am selben Tag nahmen über 1.000 Menschen an einer Veranstaltung in einer örtlichen Kirche teil, bei der es um Schutz und Hilfe für die Einwanderer ging. Erika Reynosa, eine Anwohnerin, sagte, dass viele Einwanderer jetzt zu Hause bleiben: „Zu ihrer eigenen Sicherheit schließen sie sich ein.“
Am selben Abend marschierten Hunderte von Arbeitenden und Jugendlichen durch Charlotte und forderten ein Ende der Razzien. Auf den Plakaten der Demonstrierenden stand beispielsweise: „Menschenrechte kennen keine Grenzen“, „Einwanderer sind nicht Kriminelle, aber Donald Trump schon“, und: „Kein Mensch ist illegal“.
Die Proteste sind eine Reaktion auf das brutale und beispiellose Vorgehen gegen Einwanderer, das ganze Arbeiterviertel in militarisierte Zonen verwandelt hat. Letzte Woche starteten Bundesbeamte der Einwanderungsbehörde im Rahmen von Trumps eskalierendem Krieg gegen die Arbeiterklasse eine groß angelegte Operation in ganz North Carolina. Sie stand unter der Leitung von Gregory Bovino, dem Kommandanten der Zoll- und Grenzschutzbehörde (CBP).
Die Operation, die vom Heimatschutzministerium den absurden Codenamen „Charlotte’s Web“ erhalten hat, stellt eine drastische Eskalation der Brutalität dar. Anders als frühere Operationen der Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) wurde diese vom Grenzschutz (CBP) angeführt, um jede lokale Rechtsvorschrift zu umgehen. Das Ergebnis war eine Terrorkampagne: Es gibt Filme davon, wie die maskierten, schwer bewaffneten Beamten in ungekennzeichneten dunklen Fahrzeugen ankamen, Privatgrundstücke ohne Haft- oder Durchsuchungsbefehl betraten, Autofahrer mit vorgehaltener Waffe anhielten und dann diejenigen Arbeiter, die sie für illegal hielten, entführten.
In nur einer Woche wurden in Charlotte und umliegenden Städten wie Raleigh, Winston-Salem, Hickory, Lenoir und Blowing Rock fast 400 Menschen festgenommen. Die Beamten weigern sich bisher, die Identität der Festgenommenen, ihren rechtlichen Status oder etwaige ausstehende Anklagen preiszugeben. Augenzeugen schilderten, wie Beamte den Verkehr auf „verdächtige“ Muster überprüften, Familien in den Geschäften und öffentlichen Räumen beobachteten und ganze Stadtviertel terrorisierten.
Unabhängig vom Einwanderungsstatus der Anwohner werden diese rassistisch diskriminiert und Durchsuchungen ausgesetzt, die verfassungswidrig sind. Was hier stattfindet, sind Massenentführungen und ist politische Einschüchterung durch einen faschistischen Polizeiapparat.
Am Donnerstag teilte das Heimatschutzministerium dem Sheriff von Mecklenburg County, Garry McFadden, mit, dass „Charlotte’s Web“ offiziell beendet sei. Aber die Sprecherin des Ministeriums, Tricia McLaughlin, erklärte gegenüber der Zeitung Guardian: „Die Operation ist nicht vorbei und wird auch in nächster Zeit nicht beendet werden.“ Zahlreiche Bundesagenten werden nun voraussichtlich nach New Orleans versetzt, um dort an der einmonatigen Operation „Swamp Sweep“ teilzunehmen, die sich gegen den Südosten Louisianas richtet. Ab Freitag werden dort bis zu 250 Beamte erwartet.
Die Proteste in North Carolina sind ein wichtiger Schritt im wachsenden Widerstand der Bevölkerung gegen Trumps Angriffe auf die demokratischen Grundrechte. Die Proteste kommen nur einen Monat nach den landesweiten „No Kings“-Demonstrationen, an denen Millionen Menschen teilgenommen haben. Jüngste Umfragen zeigen, dass mehr als die Hälfte der Einwohner North Carolinas der Meinung sind, dass sich das Land in die falsche Richtung entwickelt. Obwohl Trump in diesem Bundesstaat die letzten drei Wahlen gewonnen hat, lehnt ihn mittlerweile eine Mehrheit ab.
Die Razzien gegen Einwanderer in Charlotte stellen eine erhebliche Eskalation der Verschwörung der Trump-Regierung zur Errichtung einer Präsidialdiktatur dar. Ohne jede rechtliche Grundlage setzt die Regierung schwer bewaffnete Grenzschützer ein – weit entfernt von jeder Grenze. Diese paramilitärische Truppe führt Razzien und Entführungen durch und terrorisiert die Bevölkerung. Es ist Teil der Durchsetzung uneingeschränkter Exekutivgewalt: Dabei werden Bundestruppen in amerikanischen Städten eingesetzt und die Anwendung des Insurrection Act wird vorbereitet. Die Trump-Regierung hat dem (in seinen Worten) „inneren Feind“, nämlich der Arbeiterklasse, den Krieg erklärt.
Die Aktionen der Grenzpolizei sind rechtlich auf einen Bereich von maximal 161 km (100 Meilen) Entfernung von der Grenze beschränkt. Als Jacob Soboroff von NBC die Sprecherin des Heimatschutzministeriums, Tricia McLaughlin, bat, die rechtliche Grundlage für den Einsatz der Grenzpolizei in Charlotte zu erklären, antwortete sie mit einem einzigen Wort: „Flughafen“. Diese Antwort ist noch absurder als die vorherige Rechtfertigung – „Lake Michigan“ – für den Einsatz der Beamten in Chicago. Sie macht deutlich, dass die Regierung in ihrem Streben nach autoritärer Herrschaft sämtliche Rechtsnormen mit Füßen tritt.
Die Razzien in Charlotte finden nur eine Woche nach dem Ende des Regierungsstillstands statt, den die Demokratische Partei zu Trumps Bedingungen beendet hat. Während des gesamten Shutdowns vermieden es die Demokraten, Trumps Verschwörung zur Errichtung einer Diktatur zu erwähnen, und stellten den Konflikt als reinen Haushaltsstreit dar. Als dann der öffentliche Widerstand wuchs und sich die Krise der Regierung verschärfte, warfen sie Trump eine politische Rettungsleine zu.
Ihr Ziel war und ist es nicht, gegen Trumps Angriffe auf die demokratischen Rechte den Kampf aufzunehmen, sondern die Wut der Massen einzudämmen und den Staat zu erhalten. Die Demokraten sind keine Oppositionspartei, im Gegenteil: Demokratische Politiker wie Biden, Harris und auch Bernie Sanders haben Trumps einwanderungsfeindliches Programm in jeder Hinsicht unterstützt, von den Zurückweisungen nach „Titel 42“ (aus der Coronazeit) bis hin zur Verschärfung der Abschiebungen im Rahmen des Laken-Riley-Gesetzes. Insbesondere Bernie Sanders hat Trumps Angriffe wiederholt gelobt. Letzten Monat sagte Sanders dem rechten Komiker Tim Dillon, im Krieg gegen die Einwanderer habe „Trump einen besseren Job gemacht als Biden“.
Die Socialist Equality Party ruft zur breitesten Mobilisierung der Arbeiterklasse zur Verteidigung von Einwanderern und demokratischen Rechten auf. Die brutalen Razzien der ICE und der Grenzpolizei in Charlotte und im ganzen Land sind zentraler Bestandteil des faschistischen Programms der Trump-Regierung, die einen amerikanischen Polizeistaat unter dem Kommando der Finanzoligarchie errichten will.
Während Einwandererfamilien terrorisiert werden und verschwinden, sehen sich Arbeiter mit Massenentlassungen, Werksschließungen und tödlichen Arbeitsunfällen konfrontiert. Dieselbe Regierung, die Arbeiter auf den Straßen von Charlotte zusammentreibt, kürzt und streicht gleichzeitig die Lebensmittelmarken, Medicaid und die öffentliche Bildung. Sie schickt Arbeiter in unsichere Betriebe, wo sie sterben können, und verteilt Billionen von Dollar an Milliardäre wie Elon Musk und die Wall-Street-Spekulanten.
Der Schutz der Einwanderer muss mit dem wachsenden Widerstand der Arbeiterklasse verschmelzen. Schüler und Studierende müssen sich den Arbeitern zuwenden, und Arbeitende müssen die Belange der Einwanderer zu ihren eigenen machen. Die SEP ruft zur Bildung von Aktionskomitees an jedem Arbeitsplatz und in jedem Wohnviertel auf, um unabhängig von der Gewerkschaftsbürokratie und den beiden von den Konzernen kontrollierten Parteien den Widerstand von unten zu organisieren.
Arbeiter müssen fordern und dafür kämpfen, dass die Massenverhaftungen sofort eingestellt, alle Inhaftierten freigelassen und Grenzpolizei und CBP aus allen innerstaatlichen Einsätzen abgezogen werden.
Die Trump-Regierung ist eine Regierung der kapitalistischen Oligarchie, die aus Oligarchen besteht und für Oligarchen arbeitet. Ihr Ziel ist es, jeglichen Widerstand gegen die soziale Konterrevolution, die im Namen der Milliardäre durchgeführt wird, zu zerschlagen. Um die Diktatur zu stoppen, demokratische Rechte zu verteidigen und Arbeitsplätze, Löhne und eine Zukunft für alle zu sichern, müssen Arbeiter sich über alle ethnischen, nationalen und staatlichen Grenzen hinweg zusammenschließen. Sie müssen eine sozialistische Bewegung aufbauen, um die Macht zu ergreifen und die Gesellschaft auf der Grundlage menschlicher Bedürfnisse – nicht privater Profite – neu zu gestalten.
