Goldpreis erreicht erneut Rekordwerte

Auch wenn es sich bislang noch nicht in größeren Turbulenzen an den Finanzmärkten niederschlägt, hat die Eskalation des Wirtschaftskrieges, den US-Präsident Trump gegen den Rest der Welt führt, um die Vorherrschaft des US-Imperialismus aufrechtzuerhalten, jetzt schon Auswirkungen.

Trumps „Make America Great Again“-Agenda hat bereits die geopolitische Nachkriegsordnung erschüttert. Deutlich wird dies etwa in den Äußerungen des designierten deutschen Bundeskanzlers Friedrich Merz, der betonte, dass es notwendig sei, eine „Unabhängigkeit“ von den USA anzustreben, da sich die amerikanische Regierung „weitgehend gleichgültig gegenüber dem Schicksal Europas“ verhalte.

Goldbarren in einer Ausstellung im American Museum of Natural History am 8.11.2006 [AP Photo/Seth Wenig]

Auch wenn die Auswirkungen auf das Finanzsystem nicht so offensichtlich sind: Unter der Oberfläche bauen sich Spannungen und Widersprüche auf. Eines der deutlichsten Anzeichen dafür ist das Steigen des Goldpreises.

Seit Anfang 2024 ist er um 44 Prozent gestiegen, allein in diesem Jahr schon um 11 Prozent. Der Goldpreis liegt nun knapp unter 3.000 US-Dollar – ein Rekord – und es wird prognostiziert, dass er schon bald die Marke von 3.500 Dollar oder noch mehr knacken könnte.

Als Grund für den Anstieg wird unter anderem die Unsicherheit genannt, die durch die von der Trump-Regierung angedrohten weitreichenden Zölle gegenüber Freund und Feind entstanden ist. James Steel, Analyst für Edelmetalle bei der globalen Bank HSBC, erklärte gegenüber der Financial Times: „Wenn der Handel schrumpft, steigt der Goldpreis. Je mehr Zölle es gibt, desto größer wird die Störung des Welthandels sein, und desto besser ist das für das Gold.“

Die gestiegene Nachfrage nach Gold hat zu Szenen geführt, die man vorher nicht für möglich gehalten hätte. Händler verlagern Gold physisch von London – dem Haupthandelsplatz für das Edelmetall – nach New York. Der Ansturm führte zu wochenlangen Warteschlangen, um Gold aus den Londoner Tresoren zu bekommen. Die London Bullion Market Association, die eine Lieferung innerhalb von zwei bis drei Tagen zugesagt hatte, wurde dadurch erheblich unter Druck gesetzt.

Der Ansturm war so heftig, dass sich der Gouverneur der Bank von England, Andrew Bailey, Anfang des Monats gezwungen sah, die Anleger zu beruhigen und darauf hinzuweisen, dass „es immer noch reichlich Gold gibt“.

Bei einer Anhörung vor dem Finanzausschuss des britischen Unterhauses äußerte er sich zum Gold-Exodus aus London: „Bitte, das ist nun wirklich keine große Sache. Gold spielt nicht mehr die Rolle, die es früher gespielt hat. Wenn wir diese Diskussion vor 100 Jahren geführt hätten, dann wären wir in einer ganz anderen Welt gewesen, weil wir den Goldstandard hatten.“

Diese Versicherungen beantworten jedoch nicht die Frage, warum es im aktuellen System der Fiat-Währungen in der jüngsten Zeit eine Hinwendung zu Gold gegeben hat und warum mehrere Zentralbanken diese anführten. Fiat-Währungen gewannen an Bedeutung, nachdem Präsident Nixon am 15. August 1971 die Bindung des US-Dollars an das Gold aufgehoben hatte.

In einem Anfang des Monats veröffentlichten Bericht über die Goldnachfrage erklärte der World Gold Council, der wichtigste Branchenverband, dass die Goldnachfrage im Jahr 2024 einen neuen Rekord von 382 Milliarden US-Dollar erreicht habe, davon allein 111 Milliarden Dollar im letzten Quartal des Jahres.

Dem Bericht zufolge war die Nachfrage der Zentralbanken und der Schwellenländer der Hauptgrund für den Anstieg, wobei im dritten Jahr in Folge mehr als 1.000 Tonnen Gold gekauft wurden.

„Die geopolitische und wirtschaftliche Unsicherheit wird auch 2025 hoch bleiben, heißt es in dem Bericht. „Und es scheint wahrscheinlicher denn je, dass die Zentralbanken erneut auf Gold als stabilen strategischen Vermögenswert zurückgreifen werden.“

China und Polen gehörten zu den größten Käufern, und es wird erwartet, dass ihre hohe Nachfrage auch weiterhin anhalten wird.

Es stimmt zwar, dass Trumps Handelskrieg die wirtschaftliche und finanzielle Unsicherheit erhöht. Aber die wachsende Nachfrage nach Gold hat nicht erst mit Trumps Wahlsieg und seiner Zollschlacht begonnen.

Ein Schlüsselfaktor war, dass die Biden-Administration zu Beginn des Krieges in der Ukraine 300 Milliarden Dollar an Vermögenswerten der russischen Zentralbank einfrieren ließ. Zusammen mit dem Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem, der durch die Rolle des US-Dollars als Weltwährung erzwungen werden konnte, löste dies einen Schock im globalen Finanzsystem aus.

Die Regierungen und ihre Zentralbanken sahen sich plötzlich mit der Realität konfrontiert, dass die Vorherrschaft des Dollars bedeutete, dass auch sie mit ähnlichen Sanktionen rechnen mussten, wenn sie sich den Vereinigten Staaten in den Weg stellten.

Als Reaktion auf die Ereignisse von 2022 wurden Initiativen zur Entwicklung eines alternativen Zahlungssystems für Handel und Investitionen ergriffen, insbesondere von der BRICS-Gruppe, die ursprünglich aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika bestand, und der sich inzwischen eine Reihe weiterer Länder angeschlossen haben.

Diese Maßnahmen waren bisher von geringer Tragweite, haben aber Trumps Ingrimm entfacht und zu erheblichen Drohungen geführt.

Ende letzten Monats wiederholte Trump seine Warnung, die er bereits im November ausgesprochen hatte.

In einem Beitrag auf seiner Plattform Truth Social erklärte er: „Wir werden von diesen scheinbar feindseligen Ländern eine Zusage abverlangen, dass sie weder eine neue BRICS-Währung schaffen noch eine andere Währung unterstützen, um den mächtigen US-Dollar abzulösen. Oder sie werden mit Zöllen in Höhe von 100 Prozent belegt.“

Jedes Land, das versuche, den Dollar zu ersetzen, müsse schon jetzt „Hallo zu Zöllen und Lebewohl zu Amerika“ sagen.

Die Aufrechterhaltung der Vorherrschaft des Dollars ist für den US-Imperialismus eine existenzielle Frage. Die Rolle des US-Dollars als globale Fiat-Währung ermöglicht es ihm, riesige Haushaltsdefizite in einer Art und Weise anzuhäufen, wie es keinem anderen Land möglich ist.

Die Bedeutung des Dollars wurde von Donald Trump im Wahlkampf unterstrichen, als er sagte, die Vorherrschaft des Dollars zu verlieren, wäre gleichbedeutend damit, einen Krieg zu verlieren.

Gleichzeitig schüren die Kapriolen der Trump-Administration die Unsicherheit auf der ganzen Welt. Einerseits wird argumentiert, dass der hohe Wert des Dollars ein Hauptfaktor für die Handelsdefizite der USA sei und die industrielle Basis der USA durch billigere Importe untergrabe. Auf der anderen Seite besteht Trump darauf, die Dominanz des Dollars aufrechtzuerhalten, was einen stärkeren Dollar impliziert, da Zölle dessen Wert auf den globalen Devisenmärkten in die Höhe treiben.

Die widersprüchlichen Auswirkungen dieser Politik, die die Financial Times als „bizarr kontradiktorisch“ bezeichnete, wiederholen sich bei Kryptowährungen. Trump hat erklärt, er wolle die USA zur Krypto-Hauptstadt der Welt machen. Ein erklärtes Ziel der Krypto-Befürworter ist es jedoch, ein System zu entwickeln, das außerhalb des Fiat-Währungssystems funktioniert.

Es gibt viele unmittelbare Faktoren, die zum Anstieg des Goldpreises beitragen, darunter Zölle, Zinserhöhungen, Inflation, Sorgen um die Stabilität der US-Staatsverschuldung, die inzwischen 36 Billionen Dollar erreicht hat und weiter steigt, sowie eine größere geopolitische Unsicherheit, einschließlich der Gefahr eines Weltkriegs.

Diese unmittelbaren Ursachen sind jedoch nur der erste Ausdruck eines tieferen Prozesses, der im Wesen des kapitalistischen Geld- und Finanzsystems wurzelt.

Bürgerliche Ökonomen haben zusammen mit vielen, die sich für Marxisten halten, Marx’ Analyse der Waren- (Gold-) Grundlage des Geldsystems als im Wesentlichen dem 19. Jahrhundert zugehörig abgetan. Der endgültige Schlag für seine Gültigkeit sei gekommen, als das System der Fiat-Währungen nach der Aufhebung der Golddeckung des US-Dollars durch Präsident Nixon am 15. August 1971 eingeführt wurde.

Diese Behauptungen erklären jedoch nicht, warum die Zentralbanken weiterhin Gold halten und in letzter Zeit immer mehr Gold kaufen.

Der grundlegende Unterschied zwischen Gold und allen Fiat-Währungen, einschließlich des US-Dollars, besteht darin, dass Gold eine Ware ist, die durch menschliche Arbeit produziert wird und einen realen Wert verkörpert.

Marx hat nie behauptet, dass ein System von Fiat-Währungen und das auf ihnen basierende Kreditsystem nicht in der Lage wäre, Gold zu verdrängen und es sogar über einen beträchtlichen Zeitraum hinweg zu ersetzen, wie es seit 1971 der Fall ist.

Tatsächlich hielt er dies für eine unvermeidliche Tendenz der kapitalistischen Entwicklung.

Der Kredit, schrieb Marx, als ebenfalls gesellschaftliche Form des Reichtums, „verdrängt das Geld [das Gold] und usurpiert seine Stelle. Es ist das Vertrauen in den gesellschaftlichen Charakter der Produktion, welches die Geldform der Produkte als etwas nur Verschwindendes und Ideales, als bloße Vorstellung erscheinen läßt.“ (Karl Marx, Werke Bd. 25, „Das Kapital“ III, Berlin 1973, S. 588)

Weiter schrieb Marx, dass „mit der Entwicklung des Kreditsystems die kapitalistische Produktion diese metallne Schranke, zugleich dingliche und phantastische Schranke des Reichtums und seiner Bewegung, beständig aufzuheben strebt, sich aber immer wieder den Kopf an dieser Schranke einstößt“. (Ebd., S. 589)

Es ist nicht möglich, mit Sicherheit vorherzusagen, wie sich die Widersprüche innerhalb des Systems der Fiat-Währungen entwickeln werden. Aber die Tatsache, dass der Goldpreis angesichts der Sorgen um die Stabilität des US-Dollars, der wichtigsten Fiat-Währung, steigt, lässt darauf schließen, dass die Zeit, in der das kapitalistische Finanzsystem erneut an seine Grenzen stößt, möglicherweise unmittelbar bevorsteht.

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